Ein Heiliger aus Fleisch und Blut
Das Theater Rotwelsch gastiert beim „Brett im Schtoi“ mit einer fabelhaften Version von Dario Fos „Franziskus“
Ein Heiliger war Franz von Assisi (1182-1226) nicht von Anfang an. Der Sohn eines reichen Tuchhändlers liebte ausgelassene Feste und warf mit dem Geld nur so um sich. Doch Unruhen in seiner Heimatstadt Assisi brachten den erst 15-jährigen dazu, sich dem rebellierenden Volk anzuschließen. Hierbei kam es zu einem folgenschweren Unfall: Franz geriet zwischen die Glocken der Kirche; mehr tot als lebendig brachte man ihn in den väterlichen Weinkeller. Doch Franz überlebte und war danach ein anderer. Er entkleidete sich in der Kirche, beschenkte die Bettler großzügig und umarmte Leprakranke. Sein größter Traum: das Evangelium mit seinen Freunden verkünden – ganz im Stile der Erzähler. Die Kirche wusste mit ihm nichts anzufangen, und Papst Innozenz II. riet dem vermeintlichen Gaukler entnervt, er solle „den Schweinen predigen“. Soweit die Legende um den Heiligen, die nun im Zentrum eines ungewöhnlichen Gastspiels beim „Brett im Schtoi“ stand. Dort gastierte das Theater Rotwelsch aus Reutlingen mit „Franziskus – Gaukler Gottes“ von Dario Fo.
Der für seine Provokationen bekannte, italienische Literaturnobelpreisträger hatte bei seinem Stück keineswegs im Sinne, sich der religiösen Verklärung zuzuwenden. Er erkannte in der Legende des Franz von Assisi vielmehr einen Stoff, der das Dilemma der heutigen Kirche offenbart, in der alle emanzipatorischen Bestrebungen erstickt und deren moralischer Anspruch immer wieder den menschlichen Gelüsten nach Geltung, Einfluss und Besitz erliegt. Fo erzählt also die Geschichte des atypischen Heiligen als süffiges und scharfzüngiges Märchen voller schillernder Figuren. Aus den vorwiegend komödiantischen Szenen schält sich bald eine echte Heldensaga heraus: Franz wird mehr und mehr zu einer Allegorie auf Jesus, der von der Amtskirche wohl auch in die Abteilung der Narren und Ketzer verwiesen worden wäre.
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