Ganze Läden auskaufen
Bisher genossen Menschen mit Räuschen nur wenig Ansehen. Drogenrausch und Komasuff verhindern Leistungskraft und Steuereinnahmen. Nicht einmal der Tiefenrausch des Hobbytauchers wurde zur Nachahmung empfohlen.
Plötzlich ist alles anders. Ein neuer Rausch, der allgemeine Kaufrausch, hat unser Volk erfasst und versetzt Minister, Volkswirte und Geschäftsleute in Jubellaune. Mitten in der Krise ziehen kaufwütige Bürgerinnen und Bürger durch die Städte, um Fachgeschäfte und Discountmärkte kurzerhand leerzukaufen. Noch vor wenigen Jahren setzten Forscher der kalifornischen Universität Stanford alles daran, um eine Pille zur Bekämpfung des Kaufzwangs zu entwickeln. Heute wird der Kaufrausch mit Abwrackprämien und immer neuen Rabattangeboten öffentlich gefördert. Man hat eingesehen: Der Erwerb notwendiger und überflüssiger Dinge entspricht schließlich einem Instinkt aus der Urzeit, als Jagen und Sammeln das Überleben sicherten.
Verachtet wurden bisher jene Landsleute, die ihre Krisen im Rausch zu überwinden versuchten. Aber jetzt gilt der Kaufrausch als Heilmittel für die lahmende Konjunktur. Wir können uns glücklich preisen, dass wir beim Betreten der heimischen Geschäfte und Supermärkte von jenem Gefühl überwältigt werden, das Kurt Tucholsky nur in London kennenlernte. 1931 schrieb er ins Tagebuch: "Hier habe ich nur einen Rausch bekommen: den Kauf-Rausch. Man möchte ganze Läden auskaufen."
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