Oettingen: Mit enormen Kräften wird der Dachstuhl der Krone bewegt

Martin Götz' Stimme wird an der Oettinger Schloßstraße von den Motorengeräuschen vorbeifahrender Autos unterbrochen. Schritte scheppern blechern vom Metall-Gerüst an der Fassade der Krone. Der Blick des Projekt-Leiters geht erst dorthin, dann auf den Bauzaun vor ihm. Um die Baustelle abzuschirmen, hat die Stadt Oettingen Bilder auf Stoff drucken lassen, auf denen zu sehen ist, wie Oettingens neues Hotel einmal aussehen soll. Die hängen nun am Bauzaun. Das Rathaus wurde zur besseren Vorstellung wegretuschiert. Es ist ein warmer Augusttag, Regen kündigt sich durch erste Tropfen an. Dann bewegt sich eines der Bilder: Bauarbeiter kommen mit einem Holzkanten auf der Schulter aus der Baustelle, fragen Götz nach Rat. Anschließend beginnt er zu erklären, wie der Dachstuhl der Krone 1,25 Meter nach Osten geschoben und gleichzeitig angehoben wird. Einblicke in die Renaissance eines Denkmals, in dem derzeit ebenfalls viel bewegt wird.

In Oettingen wird an der Krone derzeit der Dachstuhl gerade gerückt

Die Baustelle dominiert den Stadtkern. Nach außen hin deutet jedoch nichts darauf hin, dass innerhalb der Krone enorme Kräfte wirken. Hydraulisch wird der Giebel nach Osten ausgerichtet. 1,25 Meter neigt er sich nach Westen und wegen Schäden an der Westfassade sackte er noch dazu nach unten ab. "Jetzt sind die Zimmerleute gerade dabei, nachdem alles entkernt wurde, mit einer Konstruktion aus vier Wagenhebern diesen ganzen Giebel wieder nach vorne zu drücken, damit er wieder gerade steht", erklärt Götz.

Millimeter für Millimeter, Zentimeter für Zentimeter. Dann wird überprüft, was die umliegenden Hölzer machen. Denn werde der Dachstuhl bewegt, müsse man darauf achten, ob ein anderes Holz dagegen arbeitet. Wie lange dieser Prozess daure, lasse sich nicht sagen. "Es kann jetzt sein, dass es smooth geht, dass es schön läuft, es kann aber auch sein, dass bei jedem Zentimeter wieder irgendwo ein Haken ist und dann muss man das lösen."

Um das Schadensbild der Krone genau sehen zu können, wurde inzwischen der gesamte Putz der Fassade abgenommen. Erst dann zeige sich, was zu tun sein wird. Manchmal sei es laut Götz nur ein Riss, der verschlossen werden müsse. Es könne aber auch sein, dass durch den Riss ein Schaden im Holz entstanden ist, der viel tiefer ist. Dann müsse das Stück ausgetauscht werden. So bleibt die Baustelle neben dem Rathaus auch weiterhin nicht bis ins letzte Detail planbar. Immer wieder müssen neue Entscheidungen getroffen werden, weil sich Gegebenheiten ändern. Zunächst war auch nicht klar, dass das Haus, das hinter dem Rathaus am Saumarkt an die Stadtmauer angrenzt, abgerissen werden kann. Das hat die Stadt inzwischen erworben, die bisherigen Bewohner fanden ein neues Zuhause.

25 Bilder

Das bringt nun wieder bauliche Änderungen mit sich, die abgestimmt werden müssen. Götz schildert, dass er am Morgen eine Videokonferenz mit der Landesbaudirektion in München hatte, die den Bauablauf kontrolliert. Dort wurden nicht nur die neuen Freiheiten abgesprochen, die sich mit dem Abriss des Wohnhauses an der Stadtmauer ergeben. Unter anderem gibt es nun nicht mehr so hohe Anforderungen an den Brandschutz an jener Stelle. Es wurde auch mitgeteilt, was bereits bei der jüngsten Stadtratssitzung besprochen wurde: Das Bettenhaus des Hotels, das parallel zur Stadtmauer hinter dem Rathaus entsteht, soll eine Fassade aus Recyclingziegeln erhalten. Die Direktion erteilte ihr Einverständnis, nur noch der Fördergeber müsse zustimmen.

Das neue Oettinger Hotel wird aus Modulen gebaut, die Zimmer sind fertig

Das Bettenhaus wird komplett neu gebaut. Götz schildert, dass vom Keller bis zur Fußbodenplatte alles aus Beton gefertigt wird. Das Erdgeschoss entsteht in Holzbauweise. Dann werden die Zimmer in Modulen, komplett eingerichtet wie damals im Nördlinger Hotel "Second Home", wie Legobausteine aufgestellt. Der Vorteil dadurch: Die Aufbauzeit verkürzt sich. Auch das Dach kommt in Fertigbauweise. Vor die Holzwand wird im Erdgeschoss der gräuliche Recyclingziegel angebracht. Bisher war Stampfbeton dafür vorgesehen.

In den Kronensaal fällt das Licht dieser Tage durch die bodentiefen Fenster zum Saumarkt. Wo früher einmal das Bühnenhaus war, klafft nun ein Loch. Eine Plane verhindert, dass Regen eintritt. Bauarbeiter stehen auf einem Gerüst und verstärken den Bogen. Künftig steht dahinter das Technikgebäude. Im Erdgeschoss wird einmal die Küche untergebracht sein. Auch bis das Essen dort zubereitet wird, müssen noch viele Gespräche geführt, viele Änderungen vorgenommen werden. Einen aktuellen Stand zur Baustelle erfahren Bürgerinnen und Bürger in der kommenden Sondersitzung des Oettinger Stadtrats am Dienstag, 30. August. Beginn ist um 18.30 Uhr im Rathaus.