Ein Müller musste die Stricke für den Galgen liefern
Rund 200 Mühlen gab es einst im Nördlinger Ries. Viele sind mittlerweile vergessen, obwohl sie Jahrhunderte im Betrieb waren. Andere liefern dagegen Strom.
„In einem kühlen Grunde, da geht eine Mühlenrad…“: Längst ist sie entschwunden, die Mühlenromantik. Geblieben sind die alten Volkslieder, die Erzählungen unserer Altvorderen, die Geschichten von betrügerischen Müllern, die heimlichen Treffpunkte von Verliebten und nicht zuletzt Berichte über die schwere Arbeit der Müller und ihrer Gesellen. Die Mühlräder sind längst entfernt, die Mahlgänge stehen still und sind von Spinnweben eingehüllt. Von den circa 200 Mühlen, die einst im Nördlinger Ries die Menschen mit Mehl, Schrot, Gips, Schießpulver und vielem mehr versorgten, arbeiten heute nur noch vier Getreidemühlen, einzelne Mühlen dienen der Stromgewinnung.
Auf einer Exkursion mit dem Mühlenexperten Dr. Josef Hopfenzitz besuchten die Teilnehmer nun im Rahmen der Rieser Kulturtage exemplarisch einige Mühlen an der Eger. Von den einstmals 37 Mühlen im Ostalbkreis, die von Hopfenzitz seit 2019 in einem Buch beschrieben wurden, ist als einzige nur noch die Neumühle in Trochtelfingen in Betrieb. In der Götzenmühle konnte der ehemalige Müller Paul Götz vom Leben in der Mühle erzählen. Wie alle Mühlen gehörte auch diese ursprünglich dem König beziehungsweise den Kronvasallen, im Ries also den Grafen von Oettingen.
Kleines Museum bei der Götzenmühle
Die früheste Nennung stammt aus dem Jahre 1318. Auf der Götzenmühle hat man die Säge bereits 1940, das Mahlen im Jahre 1960 aufgegeben. Zum Glück hob man viele alte Gebrauchsgegenstände in einem kleinen Mühlenmuseum auf. So konnte Paul Götz zum Beispiel die unterschiedlich großen Mehlmaße erklären. Einige Sprichwörter zeugen bis heute davon: Das „Maß ist voll“, ein „gestrichenes Maß“ oder ein „gehäuftes Maß“. Auch über das viel gescholtene „Mitzen“, den Müllerlohn, konnte Götz berichten. Das wichtigste Tier in der Mühle war, so Götz, die Katze. Sie konnte die Ratten und Mäuse einigermaßen kurzhalten. Wie andere Mühlen, so hat auch die Genossenschaftsmühle oder auch Untere Schlägweidmühle im Lauf der Jahrhunderte häufig ihren Namen gewechselt: Steinmühle – Stainlinsmühle – Unter Papiermühle – Göttlesmühle – Lodenreißermühle und Hammermühle, meist abhängig von ihrer Funktion. Eine erste Nennung ist aus dem Jahre 1370 bekannt. Drei Wasserräder trieben bis 1893 die Mühle an. Dann wurde ein eisernes „Kropfrad“ mit 5,5 Meter Durchmesser und 1,10 m Breite eingebaut. 1921 erfolgte der Einbau einer Francis-Turbine. Die heutige Mühle wurde 1922 umgebaut und 1950 aufgestockt.
Die Strickles- oder Steinmühle, ebenfalls 1370 genannt, hatte ihren Namen angeblich daher, dass der Müller für den Galgen die notwendigen Stricke liefern musste. Bis 1888 floss die Eger dem Gebäude entlang durch den Hof und trieb vier Wasserräder an, drei für die Getreide- und eines für die Gipsmühle. 1921 wurde auch hier der Mahlbetrieb eingestellt. Die Obere Schlägweidmühle, 1326 erstmals genannt, beendete die aktive Müllerei 1936. Es wurde danach nur noch geschrotet. Die endgültige Stilllegung erfolgte 1952. Seit 1997 arbeitet hier die weltweit erste Archimedische Schraube zur Stromgewinnung. Im Garten steht das ehemalige riesige Wasserrad von der Fuchsmühle zur Besichtigung.
Zu einem gemeinsamen geselligen Abend traf man sich in der Gaststätte zur Unteren Röhrbachmühle. Das gemeinsame Singen wurde begleitet von Walter Schachner (Tenorhorn) und Hermann Kucher (Akkordeon).
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