"Klingelingeling, hier kommt der Eiermann!"
Wie Hühnerbauer Hansi (71) rohe Eier mit Zucker "genießt" oder Heinrich seine spröde Herzbäuerin Anja mit dem "Schäferlied" romantisch stimmen will, konnten TV-Zuschauer nun bei "Bauer sucht Frau" erleben. RTL setzt auf die Neigung zum spöttischen Voyeurismus. Von Heiko Wolf
Von Heiko Wolf
Augsburg - Wie der vitale, zeigefreudige Hühnerbauer Hansi (71) rohe Eier mit Zucker zum Frühstück "genießt" oder Heinrich aus dem Sauerland seine spröde Herzbäuerin Anja nach dem Picknick mit seinem "Schäferlied" romantisch stimmen will, konnten die deutschen Fernsehzuschauer in der aktuellen Folge der RTL-Kuppelshow "Bauer sucht Frau" erleben.
Da schadet es nichts, dass TV-Bauer Heinrich vom Schafe-Hüten mehr versteht als vom Gesang: Die RTL-Sendung setzt auch auf die Neigung zum spöttischen Voyeurismus ihrer DSDS-erprobten Zuschauer.
Die Mixtur vervollständigen: ein Schuss teils kitschige Romantik, ein Quäntchen bäuerliche Klischees - sowie ein paar Banalitäten. Oder wie sonst lässt sich erklären, dass RTL mehrere zähe Sendeminuten darauf verwendet, die unbeholfenen Startschwierigkeiten von Hühnerwirt Hansis Marianne bei so etwas exotischem wie dem Fahrradfahren zu zeigen?
Dass die Sendung nicht zuletzt auf Klamauk setzt, wird spätestens klar, als Hansi und Marianne radelnd ihre Eier ausliefern, musikalisch begleitet von: "Klingelingeling, hier kommt der Eiermann!" Währenddessen bewerfen sich Schäfer Heinrich und die seit zweieinhalb Jahren alleinlebende Anja im Stall mit Stroh. Und "Jungbauer" Jan, 23 und aus dem Saarland, holt die von ihm erwählte, üppige Blondine Anna stilecht mit dem Mähdrescher ab.
Weniger idyllisch geht es bei Torsten aus Niedersachsen und der von RTL als "singende Berufsschullehrerin" ausgeflaggten Katharina zu. Diese kommt mit Schlachten und Schweinezucht nicht zurecht, Torsten wiederum geht Katharinas "aufgesetztes Lachen" gegen den Strich. "Katharina ist wohl nicht die richtige Frau für den attraktiven Schweinebauer", so der scharfsinnige Kommentar der RTL-Redaktion zu Torstens Gelästere.
Mit Übertreibungen und Kitsch à la Heimatfilm will die Redaktion den Bauern-Romanzen offenbar die nötige Würze verleihen: Sobald getanzt wird, "schlagen die Herzen im Dreivierteltakt", Abschiede werden von abgedroschenen "Time to say goodbye"-Einspielungen begleitet.
Kaum grillt Anna mit Jungbauer Jans Familie, heißt es: "Anna versteht sich gleich prächtig mit seinen Eltern." Ähnlich hohes Niveau offenbart die Gewinnfrage in der Werbung: "Wo kommt der Trecker zum Einsatz: Bei der Formel 1 oder auf dem Feld?" - Noch Fragen?
Immerhin kommen die Bauern nicht zu kurz, wenn sie die TV-Bühne von "Bauer sucht Frau" mit all ihren Fallstricken richtig nutzen - selbst ohne Frau fürs Leben. So wird Schäfer Heinrich (41), der bisher laut "Bild" von zehn Euro pro Tag lebte, sein nächstes "Date" wohl nicht mehr mit dem Handwagen zur Bushaltestelle bringen: Für sein "Schäferlied" bekam Heinrich kürzlich einen Plattenvertrag...
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