Psychiater finden bei Silvio S. keinen sicheren Hinweis auf Pädophilie
Obwohl der mutmaßliche Kindermörder Silvio S. gegenüber dem Gerichtspsychiater ein sexuelles Interesse an Kindern bestreitet, fordert der Staatsanwalt die Höchststrafe für ihn.
Die Höchststrafe für den mutmaßlichen Kindermörder Silvio S. hat die Staatsanwaltschaft am Montag in ihrem Plädoyer gefordert. Ankläger Peter Petersen beantragte beim Landgericht Potsdam lebenslange Haft, Sicherungsverwahrung und das Feststellen von besonderer Schwere der Schuld. Dies würde eine spätere Freilassung des 33-Jährigen stark erschweren.
Es sei erwiesen, dass der Wachmann aus Brandenburg im vergangenen Jahr den sechsjährigen Elias und den vierjährigen Mohamed entführt, schwer missbraucht und umgebracht habe. Man müsse sich vor Augen halten, welche Todesängste die Opfer erlebt hätten, sagte der Staatsanwalt. Elias habe erlebt, wie ein "freundlicher Onkel" zur "Bestie in Menschengestalt" geworden sei.
Silvio S. hätte nicht aufgehört
Er hob hervor, dass der Angeklagte noch bei seiner Festnahme im Oktober 2015 eine Tasche mit Spielzeug, Fesseln und Chloroform im Auto deponiert hatte. Petersen sagte, der Angeklagte wäre er zu einem Serientäter geworden, wenn er nicht auf Videoaufnahmen erkannt worden wäre. "Er hätte nicht aufgehört."
Laut dem Befund eines Gerichtspsychiaters ist der mutmaßliche Kindermörder Silvio S. nicht pädophil. Für Pädophilie gebe es trotz der angeklagten Missbrauchstaten keinen sicheren Hinweis. "Ich bin der Überzeugung, dass Kinder als Opfer ausgewählt wurden, weil sie leichter mitzunehmen und körperlich besser beherrschbar sind", sagte der Gutachter am Montag am Landgericht Potsdam. Er stütze sich auf ein Gespräch mit dem Angeklagten in der Untersuchungshaft und auf Schilderungen von Zeugen aus dem Umfeld. Noch am Nachmittag wollte der Staatsanwalt plädieren.
Silvio S. hat ein extrem niedriges Selbstwertgefühl
Silvio S. habe seit Kinderzeiten ein extrem niedriges Selbstwertgefühl, sagte der Gerichtspsychiater. Mitschüler und später auch Erwachsene hätten ihn wegen seiner Schüchternheit immer wieder ausgegrenzt. Von Freunden, die er an Wochenenden zu Diskotheken fuhr, habe er sich ausgenutzt gefühlt. "So werden Kinder zur einzigen Zielgruppe, mit der er es aushalten kann." Kinder hätten ihn nie infrage gestellt oder herabgesetzt. In seiner extremen Konfliktscheue und dem Rückzug von anderen Menschen sei eine Persönlichkeitsstörung zu erkennen. Dies reiche jedoch nicht aus, die Schuldfähigkeit des Mannes einzuschränken.
Zu den Vorwürfen der Anklage, er habe im vergangenen Jahr den vierjährigen Mohamed und den sechsjährigen Elias entführt und umgebracht, habe sich S. auf Anraten seiner Verteidiger nicht direkt geäußert, so der Gutachter. Der 33-Jährige soll Mohamed laut Anklage missbraucht haben. Ein Rechtsmediziner hat zudem ausgesagt, dass auch Spuren am toten Elias auf einen schweren sexuellen Übergriff deuten.
Silvio S. hatte weder eine Freundin noch Sex
Silvio S. hatte seinen Schilderungen beim Gerichtspsychiater zufolge nie eine Freundin und nie Sex mit Frauen, auch nicht mit Prostituierten. Er habe gesagt, er hätte gern eine Freundin gehabt, erinnerte sich der Gutachter. "Aber wie man das zustande bringt, sei ihm schleierhaft. Außerdem hatte er zu viel Angst." Jedoch habe er sich daheim Pornofilme mit Frauen angesehen. Im Prozess selbst hat Silvio S. bisher die Aussage verweigert. Ein Urteil wird für Dienstag nächster Woche erwartet. dpa
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