Im "Poststall" spricht ein Mann für alle Fälle
Vor einiger Zeit erzählte Edmund Stoiber - es war nach seiner Entmachtung - etwas über das Erfolgsgeheimnis der CSU bei Wahlen. Garant für die glänzenden Resultate der Christsozialen in den vergangenen Jahrzehnten war nach Meinung des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten immer die erfolgreiche Mobilisierung dreier Wählergruppen: Der Kirchgänger, der Sudetendeutschen und vor allem der Bauern.
Auf der Bühne im "Poststall" der 9000-Seelen-Gemeinde Teisendorf in Oberbayern steht am Mittwochabend der Mann, der in diesem Wahlkampf vor allem die dritte Gruppe für die CSU gewinnen soll: Horst Seehofer, stellvertretender CSU-Parteichef und vor allem Bundeslandwirtschaftsminister. Dass ihm der ländliche Berufsstand - und damit die CSU-Stammwählerschaft - besonders am Herzen liegt, daran will Seehofer an diesem schwülen Abend vor rund 300 Leuten an langen Tischen nicht den geringsten Zweifel aufkommen lassen.
Schon nach ein paar Minuten seiner einstündigen Rede verkündet der Gast aus Berlin, es müsse alles getan werden, "eine leistungsfähige und lebensfähige Landwirtschaft aufrecht" zu erhalten. "Mein Lebensmotto lautet: Verachtet mir die Bauern nicht!", ist ein anderer Satz, mit dem der Minister den Landwirten schmeichelt. Zur EU- Agrarpolitik empfiehlt er gar, Brüsseler Vorgaben nicht zu beachten, wenn sie den Interessen der Landmänner und -frauen allzu arg widersprächen. Man solle es halt wie die Italiener machen.
Seehofers Auftritte im bayerischen Landtagswahlkampf werden auch deswegen beachtet, weil er vor knapp einem Jahr im Kampf um den Parteivorsitz Finanzminister Erwin Huber knapp unterlegen war. Und es kreisen Gerüchte in Berlin und München, Seehofer habe das Ziel Parteivorsitz keineswegs aufgegeben - insgeheim. Wenn es für die CSU bei der Wahl am 28. September schlecht läuft, könnte Huber als erster aus der Führung sein Amt verlieren, lautet eine oft geäußerte Prognose. Favorit nach allgemeiner Ansicht: Horst Seehofer.
Weil er das Gerede gut kennt, geht Seehofer an diesem bayerischen Abend natürlich darauf ein, zumal ja auch einige Berliner Journalisten im Saal sitzen. "Mist" sei, was da geschrieben werde, sagte er. Mit Huber habe es einen fairen Wettstreit gegeben. Und nun stehe er mit diesem und mit Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein "beinahe täglich in Kontakt".
Seehofer hat sich selbst immer zugute gehalten, er verstehe etwas von Politik und tue im Zweifel im Amt das Richtige - gerade als Landwirtschaftsminister. "Ich bin sehr froh, dass der Milchgipfel funktioniert hat", bewertet er sein Engagement für die Milchbauern. Und überhaupt habe er für die Landwirte echt etwas rausgeholt. "Ich bin der erste Landwirtschaftsminister seit 18 Jahren, der Zuschüsse nicht gekürzt, sondern erhöht hat." Seehofer, der "Super-Horst".
Im zweiten Teil der Rede spricht nicht mehr nur der Freund der Bauern, sondern ein Mann für alle Fälle. Seehofer verweist auf 13 Jahre Regierungserfahrung und geht einmal querbeet durch alle Themen der Bundespolitik. Erbschaftsteuer, soziale Gerechtigkeit und selbstverständlich die Forderung nach "Mehr Netto vom Brutto" sind die Themen. Der Schlussbeifall ist eher höflich.
Teisendorf liegt im Bundestagswahlkreis des Vorsitzenden der CSU- Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer. Der redet an diesem Abend auch. Er sorgt sich eher darum, dass die Wahlkampfmaschine der CSU noch nicht auf vollen Touren laufe. Motivation und Kampfesmut wünsche er sich für die nächsten Wochen, ruft der CSU-Oberstatthalter in Berlin.
Seehofer will sich Einsatz nicht absprechen lassen, obwohl er recht müde und abgespannt wirkt. Er engagiere sich so wie noch nie in einem Wahlkampf, bemerkt er. Er will sich nichts nachsagen lassen. Und er hält sich bereit - für den Fall der Fälle.
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