Die Piraten vor dem Kentern
Fünf Jahre nach ihrem Sensationserfolg in Berlin stehen die Piraten vor einem Scherbenhaufen.
Sie treten wieder an. Und zwar nicht nur für das Berliner Abgeordnetenhaus, das Landesparlament der Hauptstadt, sondern auch für die Parlamente in den zwölf Bezirken der Metropole. An Kandidaten jedenfalls herrscht kein Mangel. Und ihre Plakate hängen unübersehbar in der ganzen Stadt. Allein das ist für die Berliner „Piraten“ schon ein Erfolg. Denn vor kurzem noch sah es so aus, als würde die Partei, die vor fünf Jahren an der Spree einen Sensationserfolg feierte, aus dem Stand mit 8,9 Prozent der Stimmen in Fraktionsstärke ins Abgeordnetenhaus einzog und der etablierten Konkurrenz das Fürchten lehrte, kentern und sang- und klanglos untergehen.
Doch rechtzeitig vor der Wahl am kommenden Sonntag sind die „Piraten“ wieder aufgetaucht und mischen den eher laut- und lustlosen Wahlkampf mit ihren frechen Sprüchen und schrillen Plakaten auf. In Umfragen dümpeln sie allerdings bei drei Prozent. Doch die Kurve zeigt nach oben. Zu Beginn des Jahres waren ihre Werte kaum mehr messbar. Vor allem in den links-alternativ geprägten Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow oder Schöneberg, wo viele Studenten, Künstler, Kreative und Hipster zu Hause sind und wo bereits drei Prozent der Stimmen zum Einzug in die Bezirksverordnetenversammlungen reichen, könnten etliche Mandate in den Rathäusern drin sein.
Die "Piraten" sind an ihrer schwierigen Situation selbst schuld
An der schwierigen Situation ihrer Partei sind die „Piraten“ allerdings selber schuld. Nach dem Triumph bei den Wahlen folgten öffentlich ausgetragener Streit und Personalquerelen. Den Ruf einer „Chaostruppe“, in der jeder macht, was er will, und keiner den Kurs vorgibt, bekam die Fraktion nicht mehr los. „Fünf Jahre währte ihre Fahrt – und ständig ging einer über Bord“, höhnte der Berliner Tagesspiegel über die bunte Truppe. Sieben Mitglieder der 15-köpfigen Fraktion traten im Laufe der Legislaturperiode aus der Partei aus, unter ihnen auch Martin Delius, der sich als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Berliner Pannenflughafen im Parlament wie in der Öffentlichkeit große Anerkennung erwarb, schon seit längerem die Linke unterstützt und wenige Tage vor der Wahl offiziell Mitglied der Linken wurde. Die Partei habe nie eine wirkliche Basis gehabt, analysiert er selbstkritisch, die Piraten wären „nie politisch“ gewesen. „Die internen Streitigkeiten verliefen nie an unterschiedlichen inhaltlichen Auffassungen, sondern immer auf persönlicher Ebene.“
Ähnlich sieht es auch Christopher Lauer, von 2012 bis 2013 Fraktionschef, der 2014 die Partei verließ, zeitweise den „Springer“-Verlag beriet und mit einem Übertritt zur SPD liebäugelt. Er klagte schon früh über die mangelnde Professionalität der Partei und ihrer Mitglieder.
Gleichwohl bedauern nicht nur Lauer, sondern auch viele Beobachter der politischen Szene Berlins das sich abzeichnende Ausscheiden der „Piraten“ aus dem Landesparlament. „Es gibt Themen, die artikuliert so keine andere Partei“, sagt Lauer. Immer wieder prangerten die Abgeordneten den sprichwörtlichen „Berliner Filz“ an, setzten mit mehr als 2000 Anträgen sowie parlamentarischen Anfragen die Große Koalition unter Druck und prangerten lautstark die Missstände in der Berliner Verwaltung an. Viel ändern konnten sie allerdings nicht. So fällt denn auch die Bilanz von Ex-Pirat Martin Delius nach fünf Jahren Parlamentsarbeit reichlich desillusioniert aus: „Diesen Berliner Senat kann man nur mit aller Gewalt dazu bringen, sich zu öffnen und ein Mindestmaß an Transparenz zuzulassen.“
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Das ist doch wirklich keine Überraschung. Da ist jeder Verein besser organisiert.