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Weinanbau
10.08.2023

Hoffnung auf die neuen Super-Reben

Wolfgang Häußler arbeitet als Winzer mit schädlingsresistenten Rebsorten.
Foto: Christian Flemming

Auf deutschen Weingütern werden jedes Jahr Tausende Tonnen Pflanzenschutzmittel eingesetzt, um Pilze wie Mehltau von den Rebstöcken fernzuhalten. Doch es geht auch anders. Wie ein Winzer aus Lindau den Markt revolutionieren will.

Der durchschnittliche Weintrinker in Deutschland kennt diese Namen, wenn auch nur vom Weinetikett: Riesling, Trollinger, Spätburgunder, Müller-Thurgau. Sorten, die es zum Teil schon seit 2000 Jahren gibt. Dagegen sagen Namen wie „Solaris“, „Souvignier Gris“, „Muscaris“ oder „Cabernet Carol“ den meisten Konsumenten: gar nichts. Dabei wird man sich an völlig neue Sortenbezeichnungen gewöhnen müssen. Davon ist Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut jedenfalls überzeugt. Er sagt: „Sie können sich mit pilzresistenten Sorten mindestens 80 Prozent der Pflanzenschutzmittel ganz einfach sparen.“ 

Und die Sache mit den Pflanzenschutzmitteln ist beim Wein eine, die nicht zu vernachlässigen ist. Die Heinrich-Böll-Stiftung rechnet in ihrem Pestizid-Atlas hoch, dass Wein nach Äpfeln jene Kultur ist, die am intensivsten gespritzt wird. Insgesamt wurden für den deutschen Weinanbau im vergangenen Jahr 27.000 bis 35.000 Tonnen Pflanzenschutzmittel ausgebracht, hat die Stiftung ermittelt.

Pilze gehören zu den größten Bedrohungen, denen sich Winzer ausgesetzt sehen

Wolfgang Häußler interessiert sich bei Pflanzenschutzmitteln nur noch dafür, wie er sie komplett weglassen kann. Früher, in seinem alten Berufsleben, war das ganz anders. Jetzt steht Häusler in seinem Degustationsraum und sagt: „Herzlich willkommen in der deutschlandweit ersten PIWI-Thek.“ Der Raum ist sozusagen die Schaltzentrale seines kleinen, einen Hektar umfassenden Weinguts im Hinterland von Lindau. Es heißt „2H“ und verweist mit dem Namen auf Häußler und seine Frau Kerstin Herrmann. Die Abkürzung PIWI steht für „pilzwiderstandsfähige Rebsorten“. Denn Pilze – etwa echter und unechter Mehltau – gehören zu den größten Bedrohungen, denen sich ein Winzer ausgesetzt sieht. Weshalb diese im konventionellen Anbau meist intensiv mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden.

„Dass es auch anders geht, zeigen wir hier auf unserem Weingut“, erklärt Kerstin Herrmann und ihr Mann Wolfgang Häußler nickt. Er ist mit seinen 62 Jahren ein echter Jung-Winzer. Sein knapp schulterlanges Haar ist zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden. Seine Augen lächeln gelassen durch die Gläser einer Brille. Erst 2018 haben sich die beiden dafür entschieden, Weinbau auf ihrem Grund zu betreiben. Anfänglich war die Idee, die zu erntenden Trauben woanders keltern zu lassen. „Das hat sich aber als gar nicht so einfach herausgestellt“, erinnert sich Häußler. Und so hat er kurzerhand beschlossen, auch das selber zu machen. Damit ist er Weinbauer und Kellermeister in einer Person. Neben seinen eigenen Erzeugnissen verkauft er 50 weitere Tropfen, die allesamt aus pilzresistenten Sorten gekeltert werden.

Die Rebsorte Sauvignac gehört zu den pilzwiderstandsfähigen Sorten (Piwis), die weniger oft gespritzt werden müssen als klassische Rebsorten.
Foto: Peter Zschunke, dpa

„PIWIS – das ist eigentlich nichts wirklich Neues“, sagt Weinbauexperte Ernst Büscher von Deutschen Weininstitut. Vor 150 Jahren – als Rückkehrer aus Amerika den Mehltau im Gepäck hatten und in Europa einschleppten – hat man versucht, Resistenzen zu erzeugen. Eine gelungene gezielte Züchtung, um Pilze in Schach zu halten, gibt es seit 1927. Damals hat Bernhard Husfeld mit der Sorte „Domina“ eine pilzwiderstandsfähige Sorte aus der Kreuzung von Spätburgunder und Blauer Portugieser entwickelt.

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„Die Züchtung einer neuen Sorte ist ein langwieriger Prozess“, sagt Büscher. Es kann bis zu 30 Jahre dauern, bis die gewünschten Eigenschaften durch die Kreuzung bestimmter Sorten auf eine neue Züchtung übertragen sind. Mithilfe sogenannter Gen-Marker lässt sich das zwar beschleunigen – aber 15 Jahre kann es trotzdem noch locker dauern. Schon, weil die Vermehrung einer Pflanze viel Zeit beansprucht. Allein, bis aus einem Sämling ein Rebstock wird, an dem dann auch Trauben hängen, vergehen drei Jahre. 

Der Weinbauexperte sagt, dass die neuen Sorten geschmacklich nicht schlechter sind

Forscher haben inzwischen verschiedene Gene identifiziert, die dafür verantwortlich sind, dass Weinreben gegen Pilze besonders widerstandsfähig werden. Wenn man weiß, welche Sorte welche Gene enthält, kann man durch Kreuzung deren Wirkung verstärken und salopp gesagt aufsummieren – muss dabei aber immer im Auge behalten, dass die schönste Resistenz nichts nützt, wenn sich der Wein aus solchen Reben als ungenießbar entpuppt. Aber Weinbauexperte Büscher versichert, dass die neuen und zugelassenen Sorten den altbekannten in punkto Geschmack in nichts nachstünden. „Diese Kreuzungen haben mit eigentlicher Gentechnik aber noch nichts zu tun“, betont Büscher. Denn bei diesem Verfahren wird nicht aktiv ins Erbgut der Pflanze eingegriffen. Noch nicht. Denn obwohl weltweit bis jetzt keine mit Gentechnik veränderten Rebstöcke auf dem Markt sind, wird intensiv daran geforscht.

Wolfgang Häußler hatte vor seiner Existenz als Winzer freilich ein berufliches Vorleben – seine Frau ist studierte Biologin, er hat einen Doktortitel in Agrarwissenschaften. Sein Weg lässt sich in etwa als Saulus-Paulus-Geschichte erzählen. „Wie die von einem Geläuterten“, sagt Häußler. Denn er hat zunächst nach seinem Studium in großen Agrarkonzernen selbst an der Entwicklung von Pestiziden mitgewirkt. Später war er als selbstständiger Unternehmer mit 70 Mitarbeitern damit beschäftigt, internationale Firmen bei der Zulassung und Registrierung neuer Produkte aus dem Sektor Pflanzenschutz für die landwirtschaftliche Produktion zu unterstützen. Obwohl er sein Unternehmen inzwischen verkauft hat, ist Wolfgang Häußler auch jetzt noch punktuell in der Beratung tätig. Wobei es ausschließlich um biologische Pflanzenschutzmittel und Biostimulantien geht, die den Einsatz dessen, was Häußler früher selbst erforscht und entwickelt hat, vermeiden sollen. Außerdem begleitet er Obstbauern oder Winzer bei der Umstellung ihrer Betriebe auf ökologische Bewirtschaftung. 

Natürlich hätten Kollegen aus dem Weinbau, die schon seit Jahrzehnten Winzer sind, sich erstaunt die Augen gerieben: Da kommt einer, der von Landwirtschaft nur theoretische Ahnung hat, stampft ein Weingut aus dem Boden, übernimmt den Job des Kellermeisters gleich mit – und experimentiert mit Sorten, von denen andere noch nicht mal etwas gehört haben. Ist das nicht ein wenig größenwahnsinnig? Kerstin Herrmann und ihr Gatte grinsen. Er sagt: „Einige haben uns schon belächelt am Anfang.“ Doch inzwischen ist daraus öfter ein Bestaunen geworden. Etwa, wenn Winzer in der vierten oder fünften Generation übers Weingut marschieren, um sich anzusehen, wie Häußler das denn anstellt, mit der hundertprozentig pestizidfreien Bewirtschaftung. Und was es mit der verrückten Idee auf sich hat, wilde Erdbeeren anzupflanzen. Und ob das eine gute Idee ist, den Mist der zwei hofeigenen Esel als Dünger zu verwenden. Und sonst nichts als Biosol einzusetzen, einen biologischen Dünger auf Basis von Pilzen.

Zwischen den Rebstöcken werden wilde Erdbeeren gepflanzt

Keine klassischen Pflanzenschutzmittel ausbringen zu müssen, hilft nicht nur beim Schutz von Arten oder Grundwasser. Die Sache hat auch einen ökonomischen Vorteil. Denn Pestizide sind teuer. „Wir versuchen mit stärkenden Pflanzen zu arbeiten“, erklärt Häußler. Statt alles Mögliche chemisch plattzumachen, setzt er auf „induzierte Resistenzen“. Das heißt, er siedelt Pflanzen zwischen den Rebstöcken an, die in einer Art Symbiose die Widerstandsfähigkeit des Weins fördern. „Deshalb auch die wilden Erdbeeren.“ Diese seien schon zu Zeiten der Römer bewusst mit Wein gepflanzt worden. Altes Wissen, wiederentdeckt und erfolgreich angewandt im Hier und Heute, denn: Der Plan des Ehepaars ging auf. Die ersten Jahrgänge sind ohne nennenswerten Pilzbefall gewachsen.

Wolfgang Häußler macht sich langsam bereit für eine Verkostung mit einer dänischen Reisegruppe, die jetzt die Treppe zum Degustationsraum heraufsteigt. „Welcome! My Name is Wolfgang.“ 

„Im Augenblick sind in Deutschland ungefähr drei Prozent der produzierten Weine PIWIs. Aber die Nachfrage wächst deutlich“, erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Augenblicklich gibt es etwa 40 pilzwiderstandfähige Sorten. Aber warum ist der Marktanteil dann so gering? Büscher sagt: „Ich nenne es mal deutsche Zurückhaltung. Dahinter steckt die Sorge, dass der Verbraucher Unbekanntes scheut.“ Der Weinexperte ist sich aber sicher, dass das auch eine Generationenfrage ist, und glaubt, dass jüngere Konsumenten offener und nicht so lange von den klassischen Sorten vorgeprägt seien.

In den Instituten und Laboren tue sich jedenfalls viel. „Die Forschung versucht aktiv, neue Sorten auch für die veränderten Klimabedingungen zu entwickeln.“ Ein Ansatz dabei ist die Reifeverzögerung. Lange Zeit sei Deutschland eine kühle Weinbauregion gewesen. „Das ist jetzt immer weniger der Fall“, erklärt Büscher. Die Charakteristik vieler Weine lebt von kühlen Nächten und warmen Tagen im Herbst. Wenn es auch in den Nächten länger warm bleibt, dann wird die Säure verstoffwechselt. „Und wir kriegen zu alkoholreiche Weine“, sagt der Experte. Ein Stück dessen, was den deutschen Wein ausmacht, sei so durch den Klimawandel in Gefahr. Eine verzögerte Reife könnte die Lösung des Problems sein.

Die Pilzkrankheit „Falscher Mehltau“ setzt dem deutschen Weinbau massiv zu.
Foto: Patrick Seeger, dpa

Bei Wolfgang Häußler sind die Dänen inzwischen reif für den Rotwein. Mit Fortschreiten der Verkostung steigt auch die Stimmung unter den Gästen. Häußler öffnet eine weitere Flasche, und zwar mit einem besonderen Schraubverschluss. Nicht etwa aus Aluminium, Kork oder Silikon, sondern aus Holzfasern. „Voll kompostierbar.“ Noch so ein nachhaltiges Detail, auf das er und seine Frau sich eingeschossen haben. Sie möchten, dass ihr Beispiel Schule macht. Und dass es eines Tages heißt, dass nicht nur 80 Prozent der Pestizide, sondern 100 Prozent, so wie auf dem Weingut 2H, eingespart werden können. Ihr Solaris spielt mit 9,80 Euro pro Flasche übrigens auf einem Preisniveau konventioneller Qualitätsweine. 

Wahrscheinlich gibt es selbst nach den ersten erfolgreichen Versuchen des Ehepaars genug Leute, die sie für Träumer halten. Doch das scheint Kerstin Herrmann und Wolfgang Häußler nicht im Mindesten zu beeindrucken. Im Gegenteil: Die ersten Gedankenspiele zur Vergrößerung der Anbauflächen sind inzwischen schon konkreter.

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