Ein Leben für den Rock 'n' Roll
Die Spider Murphy Gang zu Gast in Königsbrunn. Gründungsmitglied Günther Siegl plauderte vor dem Konzert über seine Motivation und die Freude am Rock 'n' Roll.
Wenn man hunderte von Konzerten gespielt hat, gibt es da noch so etwas wie Lampenfieber?
Günther Siegl: Jedes Konzert ist anders. Anspannung gehört da einfach dazu. Das ist wie bei den Fußballern. Bayern spielt heute gegen Real. Die haben schon oft Champions League gespielt und sind trotzdem nervös. Man weiß nie, wie das Publikum reagiert. Aber die sind uns ja wohlgesonnen. Der Moment, wenn man die Bühne betritt, ist immer wieder spannend.
Ihr habt ein sportliches Tourneeprogramm. Heute spielt ihr hier in Königsbrunn, morgen schon in Österreich. Woher nehmt ihr die Motivation und die Energie dazu?
Siegl: Ich kann es oft selber nicht glauben, dass ich schon so lange auf der Bühne stehe. Ich hatte ja schon 60 Jahre Bühnenjubiläum. Aber mir geht es immer noch genauso wie am Anfang, als ich das Gitarrenspielen gelernt habe. Da hat mich das Fieber gepackt und es hat mich bis heute nicht mehr losgelassen. Wenn ich mit der Band unterwegs bin, dann fühle ich mich wie ein kleiner Bub. Ich spiele auch zu Hause jeden Tag Gitarre. Und wenn ich nicht selber spiele, dann höre ich die alten Sachen von Chuck Berry. Ich bin nicht nur Musiker, sondern auch Fan. Und man kann immer noch was Neues entdecken (lacht).
Also gibt es noch keine Gedanken ans Aufhören?
Siegl: Nein. Ich für mich kann nur sagen, ich spiele so lange es geht und ich gesund bin. Vielleicht draht's mi runter von der Bühne. Das wäre nicht das Schlechteste. Wenn ich an die langen Lockdowns während Corona denke, dann weiß ich, dass mir die Bühne fehlen würde. Das war nichts für mich, daheim herumzusitzen. Ich werde immer wieder gefragt, ob ich nicht etwas langsamer machen will, schließlich gehe ich ja auf die achtzig zu. Aber mir gibt das eher Energie. Raus auf die Bühne, Musik machen und das Publikum mitreißen. Rock 'n' Roll ist einfach mein Leben.
Der Stern von Spider Murphy ging damals mit der Neuen Deutschen Welle auf. Die meisten der Stars und Sternchen von damals sind verschwunden. Spider Murphy sind immer noch da. Warum?
Siegl: Wir waren immer, im Gegensatz zu vielen anderen, eine Live-Band. Als bayerische Rock 'n' Roll-Band sind wir einfach in diese NDW mit hineingerutscht. Als dann mit "Skandal im Sperrbezirk" unsere erste Nummer Eins kam, waren wir plötzlich die "Speerspitze der Neuen Deutsche Welle", wie Zeitungen damals geschrieben haben. Danach ging der Erfolg auch wieder zurück. Aber als Live-Band hat uns das nicht interessiert. Unser Ziel war es nie, Popstars zu werden. Es ist halt einfach so passiert. Was wir wollten, war eigentlich immer nur Musik zu machen. Wir haben auch öfter mal schräge Kommentare bekommen, dass wir in Bierzelten spielen. Aber dort, wo es ein Publikum für uns gibt, auf Volksfesten oder auch bei einem Feuerwehrfest, da machen wir Musik.
Liegt das auch daran, dass ihr nicht nur Rock 'n' Roll macht, sondern in euren Songs auch das Bayerische Lebensgefühl transportiert?
Siegl: Das stimmt schon. Gerade wenn wir in München "Sommer in der Stadt" spielen, dann ist das ja wie eine Stadthymne. Die Leute können mit unserer Musik was anfangen. Ich habe nie Texte gemacht, die keinen Bezug zur Wirklichkeit haben. "Mit 'm Frosch im Hals und Schwammerl in die Knie", kann ein junger Mensch, der zum ersten Mal verliebt ist, auch heute noch etwas anfangen, trotz Internet und Instagram.
Künstlerinnen und Künstler haben oft das Problem, dass ihnen frühere Songs peinlich sind und sie diese gar nicht mehr spielen wollen. Gibt es das bei der Spider Murphy Gang auch?
Siegl: Nein. Wir freuen uns immer noch über unsere damaligen Hits. Die haben immer noch Power. Egal ob "Skandal" oder ""Schickeria". wir spielen diese Songs nach wie vor gerne. Und wir haben nicht den Drang, sie zu verändern. Das gilt auch für "Herzklopfen", das eigentlich als Persiflage gedacht war. Obwohl wir, wenn wir es heute spielen, uns immer wieder beherrschen müssen, nicht loszulachen. Die Version mit dem Gelächter ist damals wirklich spontan entstanden. Zu der Zeit war das Bandmaterial zur Aufnahme sehr teuer und wir wollten es eigentlich löschen. Doch unser Toningenieur bat uns, dass wir es uns nochmal anhören sollten. Am Ende wurde es ein Riesenerfolg. Drum spielen wir es immer noch am Ende der Konzerte.
Es gibt das Klischee, dass Rockstars nach dem Auftritt ausufernde After-Show-Partys feiern. Was macht die Spider Murphy Gang nach der Show?
Siegl: Früher sind wir schon nach den Shows um die Häuser gezogen. Was wir da so alles angestellt haben, das erzähle ich besser nicht. Besonders in Berlin. Dagegen war München damals noch Provinz. Leider hat es mancher auch etwas übertrieben, wie zum Beispiel unser früherer Freund und Schlagzeuger Franz Trojan, der leider verstorben ist. Der Rock 'n' Roll macht keine Gefangenen. Ich war immer der Älteste und habe mich von Drogen und Alkohol ferngehalten. Die Jüngeren haben es natürlich schon mehr krachen lassen. Ich habe auch nie geraucht. Im Gegensatz zu Barney. Der muss seine Zigarette immer in Reichweite haben. Und das seit 55 Jahren.
Was macht Günther Siegl privat?
Siegl: Nach dem Aufstehen trinke ich meinen Kaffee und lese erst einmal in Ruhe die Zeitung. Aber dann geht es meistens gleich wieder ans Musik machen. Ich schreibe immer noch neue Songs. Und vielleicht gibt es in der nächsten Zeit noch ein neues Studioalbum von der Spider Murphy Gang. Mal schauen.
Zur Person: Günther Siegl ist 1947 in Schongau geboren. Er absolvierte eine Lehre als Bankkaufmann, entdeckte aber während dieser Zeit seine Liebe zur Musik und brachte sich das Gitarre spielen selbst bei. 1971 gründete er mit Barney Murphy und Franz Trojan seine erste Band. 1977 wurde die Spider Murphy Gang gegründet. "Skandal im Sperrbezirk" war der erste Top-Hit der Band. Er schreibt alle seine Songs selbst. Richtig bekannt wurde die Band in den 1980er Jahren mit dem Beginn der Neuen Deutschen Welle. Der Hit "Sommer in der Stadt" wurde zwar nie als Single ausgekoppelt, gilt heute aber als Münchner Kultsong.
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