"0:2 ist kein faires Ergebnis": Die Stimmen zu Deutschland - Frankreich
Frankreich beherrscht, dominiert - aber trotzdem verloren. Im deutschen Team ist nach der unglücklichen Halbfinal-Niederlage der Frust groß. Die Stimmen zum Spiel.
Rien ne va plus - nichts geht mehr für den Weltmeister. Zwei Tore von Antoine Griezmann haben der deutschen Mannschaft das siebte EM-Endspiel gekostet. Stattdessen trifft Frankreich im Finale auf Portugal und träumt vom dritten Titel nach 1984 und 2000. Und das DFB-Team? Hadert nach dem Halbfinale mit der unglücklichen Niederlage. Die Stimmen zum Spiel.
Reaktionen Deutschland
Joachim Löw: Alle sind wahnsinnig enttäuscht, dass wir ausgeschieden sind. Wir haben trotzdem ein gutes Turnier gespielt, mit viel Leidenschaft. Wir haben ein Klasse-Spiel gemacht und klar dominiert. Wir haben mit Kraft, mit Mut, mit Selbstbewusstsein und mit großer Stärke gespielt. Aber wir haben kein Tor gemacht. Ich kann keinem einen Vorwurf machen.
Toni Kroos: Wir haben das beste Spiel bei der EM gemacht, auch wenn es blöd klingt. Das ist bitter. Wir hatten gute Möglichkeiten und haben hervorragend Fußball gespielt.
Manuel Neuer: 0:2 ist kein faires Ergebnis. Wir hatten die Möglichkeit nach dem 0:1 zurück ins Spiel zu kommen. So wie Frankreich in der ersten Halbzeit aufgetreten ist, hat man nicht viel gesehen. Wir haben eine gute EM gespielt, aber wir sind ausgeschieden. Das ist bitter.
Oliver Bierhoff (Manager Nationalmannschaft): Wir haben die Franzosen beherrscht und dominiert. Eigentlich hätte man von den Spielanteilen das Spiel gewinnen müssen. Man hat zum Schluss gesehen, irgendwie sollte der Ball heute nicht rein. Die Franzosen waren am Ende glücklicher. Ein ganz großes Kompliment an die Jungs.
Reinhard Grindel (DFB-Präsident): Es tut mir leid für die Millionen Fans. Aber wir haben überhaupt keinen Grund, traurig zu sein. Wir haben auch heute eine sehr starke Leistung gezeigt. Wir hatten zwei unglückliche Situationen, die Frankreich genutzt hat, und haben ein wenig unter den Verletzungen gelitten. Deshalb war es ein bitterer Abend. Insgesamt ist die Bilanz positiv. Wir konzentrieren uns jetzt auf die neuen Aufgaben. 2018 haben wir den WM-Titel zu verteidigen. Joachim Löw wird das Turnier in Ruhe analysieren. Er ist der Weltmeister-Trainer und wird mit Sicherheit den Titel verteidigen wollen. Ich will den Weg mit ihm gerne weitergehen.
Reaktionen Frankreich
Antoine Griezmann: Das war Teamarbeit. Wir waren eine geschlossene Einheit und stehen verdient im Finale. Heute Abend werden wir feiern und es genießen. Natürlich wollen wir auch das Endspiel gewinnen.
Didier Deschamps: Meine Spieler haben es verdient. Es war für sie sehr schwer. Wir haben gegen eine große Mannschaft gespielt, die eine enorme Qualität auf den Platz gebracht hat. Deutschland ist die beste Mannschaft der Welt, aber wir haben sie heute gepackt. Auch dank der großen Unterstützung von den Rängen. Die Leute haben wie ein Mann hinter uns gestanden. Sie waren zum Teil außer sich und werden sich sehr auf das Finale am Sonntag freuen.
David Trezeguet (Europameister 2000): Frankreich wurde dominiert, aber war effizienter als Deutschland. Das erste Mal hatten sie Glück gegen die Deutschen. Und wie ich bereits betonte, haben große Spieler den Unterschied gemacht.
Mehr zum Spiel Deutschland gegen Frankreich
Spielbericht: Frankreich schießt Deutschland aus der EM
Einzelkritik: Das deutsche Kraftwerk am Boden
Macht er weiter? Das sagt Joachim Löw zu seiner Zukunft
Pressestimmen: "Wer solche Fehler macht, wird bitter bestraft"
Die Diskussion ist geschlossen.
Nicht enttäuscht - aber nüchtern betrachtet
Was für eine starke Leistung? Dass die Franzosen uns nach der Anfangsoffensive ersichtlich freiwillig das Mittelfeld überlassen haben und gar nicht daran dachten uns dort den Ball abzuluchsen, sondern ihren Abwehrkokon spannen, war doch offensichtlich eine taktische Marschroute von Deschamps, die letztlich glücklich aber auch großartig aufging.
Wann wird man endlich zur Einsicht kommen, dass sich ballbesitzverliebt und statistiktauglich den Ball im Mittelfeld zuzuspielen noch lange kein großartiger Fußball ist? Den Ball auf den Flügel hinaus und mit dem Spieler wieder zurück in die zentrale Position und wieder hinaus und wieder zurück?
Spielanteile gewinnen keine Spiele, (verdammt!)
Es ist wie mit des Kaisers neuen Kleidern: Keiner wagt zu sagen, dass das den Fußball eigentlich kaputt macht, weil es langweilig ist. Und ineffizient obendrein. Wir haben die Franzosen dominiert. Aber leider (bis das Spiel faktisch entschieden war) nur eine echte Chance erarbeitet.
Dass man sich als gut bezahlter Profi unbedrängt die Bälle zuspielen kann, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Kein faires Ergebnis, meint Neuer. Nun gut, der Elfer war unglücklich. Vor allem schon durch die unnötig verursachte Ecke. Aber er hätte ihn ja halten können. ER der angeblich so Unüberwindliche, der am zweiten Tor als einer von Vieren ganz maßgeblich beteiligt war. Und wie großzügig man wieder darüber hinwegsieht, dass Manuel bei den wenigen Bällen, die er zu halten bekommt prozentual häufig gar nicht soooo gut aussieht. Aber Welttorhüter. LLoris hat gestern mehr und besser gehalten. Was natürlich als grandiose Überlegenheit unseres Teams gewertet wird. Diese entstand mit den Chancen aber erst als wir in höchster Not alles nach vorne warfen. Woran man auch schön die Mängel der ursprünglichen Taktik erkennen konnte.
Vllt. ein bisschen mehr Fußball spielen lassen, Herr Löw? Vllt. ein wenig weniger die Hosen voll haben?
Schweinsteiger hat es verpasst, sich ähnlich elegant aus der Nati zu verabschieden wie Lahm.
Er war immer verletzungsanfällig, warum glaubte er mit zunehmenden Alter die Strapazen besser bewältigen zu können?
An Müller festzuhalten war ein Fehler. Da dieser selbst feststellte er sei mental überlastet, hätte man ihm eine Pause geben sollen - schon als ersichtlich war, dass er in diesem Turnier kein Bein auf den Boden bringen würde. Seine Formkurve sank seit der Winterpause beständig. Dafür Durchhalteparolen (mit jedem Spiel, das er nicht trifft, wird es wahrscheinlicher, dass er trifft - ja aber gewiss nicht bei dieser EM)
Der Clou war ja die Rennaissance von Mario Gomez. Den konnte Löw doch nie brauchen. Weil man ja jahrelang nur noch flach operieren wollte, mit falscher Neun und so. Jetzt kommt man drauf: Flanken können auch mal helfen. Man könnte sich schlapp lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Weil man aber jahrelang so spielte, gibt es keine klassischen Mittelstürmer mehr und so ist der Ausfall des Chancentodes jetzt maßgeblich mit schuld am Ausscheiden der Mannschaft sein. Unglaublich.
Sané erst in den letzten fünf Minuten zu bringen war ein Witz.
Kroos und Özil sind feine Fußball aber beide lethargisch. Sie werden niemals der Motor einer Mannschaft sein können, nicht wenn es jemanden braucht, der diese nach vorne peitscht. Schön Fußball spielen, wenn alles gut läuft, das können sie.
Kimmich mit erstaunlichem Debut, tollem Einsatz, guten Szenen in Terrain, das eigentlich nicht seines ist. Ein großartiges Talent, aber leider halt noch in jedem Spiel für einen gravierenden Bock gut. Am 0:2 war er nicht alleine beteiligt aber doch auffällig ungeschickt. Ihm gehört die Zukunft, wenn er das noch abstellen will.
Ob Julian Weigl wirklich schlechter gewesen wäre als Khedira und/oder Schweinsteiger? Wir wissen es nicht, werden es nicht erfahren. Auf Löws Einschätzung zu vertrauen, muss nichts heißen, denn bei Kimmich musste er ja auch zum Jagen getragen werden. Wenn ich so einen Mann im Kader habe, lasse ich nicht Höwedes rechts außen rumeiern.
Am Besten wäre es, Löw hätte die Nase voll und würde den Platz frei machen für einen grundsätzlichen Neuaufbau mit unserem hoffnungsvollen Nachwuchs. Bitte nicht nochmal ein Turnier mit diesem taktischen Herumgeeiere und den Pfründen für altgediente Spieler.