Ein Jahr nach dem Sotschi-Debakel - Rosige Zukunft für Deutschland
Die Medaillenfllaute der Olympischen Winterspiele ist ein Jahr nach Sotschi vergessen. Die starken Leistungen der deutschen Wintersportler machen Hoffnung.
Die erste Wintersport-Saison nach dem Olympia-Debakel ist fast vorbei. Nur wenige Sportarten lagen in Sotschi im Soll, in etlichen gab es Enttäuschungen.
Wo hat sich seitdem etwas zum Positiven verändert? Das deutsche Abschneiden in den wichtigsten Wintersportarten im Erfolgscheck:
Biathlon: Die Biathleten haben bei der WM mit dreimal Gold und zweimal Silber das beste Ergebnis seit 2011 eingefahren. Damit untermauerten die Skijäger ihren Aufwärtstrend, nachdem die Damen bei Olympia in Sotschi erstmals keine Medaille geholt hatten. Die ohnehin starken Männer gehören dank ihrer Ausgeglichenheit nach wie vor zur Weltspitze, vor allem Simon Schempp ist zum Siegläufer gereift. Bei den Damen ist der Neuaufbau schneller als erwartet geglückt. Laura Dahlmeier, Franziska Preuß, Vanessa Hinz und Franziska Hildebrand können optimistisch in die Zukunft schauen.
Rodeln: Nach dem perfekten Olympia-Winter mit vier deutschen Goldmedaillen in Sotschi und vier Triumphen im Gesamtweltcup haben die heimischen Rodler auch die Saison 2014/15 dominiert. Kleine Schönheitsfehler schlichen sich dennoch ein: Felix Loch etwa verpasste bei der WM als Zweiter die Titelverteidigung, zudem zeigte er bei den Weltcups in Lake Placid und Lillehammer überraschend Schwächen und fuhr am Podest vorbei. Zum klaren Sieg in der Gesamtwertung reichte es dennoch. Natalie Geisenberger blieb die überragende Athletin. Bei den Doppeln machten Eggert/Benecken mit ihrem ersten Gesamtweltcuperfolg den Olympiasiegern und Weltmeistern Wendl/Arlt einen Triumph zunichte.
Bob: Ein Jahr nach der historischen Olympia-Pleite von Sotschi sind die deutschen Bobfahrer wieder in der Erfolgsspur. Im Weltcup gab es mit acht Siegen und weiteren 16 Podestplätzen einen deutlichen Aufwärtstrend. Bei der Heim-Weltmeisterschaft in Winterberg holten die Deutschen sechs von möglichen neun Medaillen. Mit Francesco Friedrich im Zweierbob und Maximilian Arndt in der Königsklasse wurden die Titel nicht nur verteidigt, sondern es gab sogar Doppel-Erfolge. "Mit Johannes Lochner und Nico Walther holten gleich zwei Weltcup- und WM-Debütanten Silber in Winterberg, das freut uns besonders", bilanzierte Sportdirektor Thomas Schwab.
Skeleton: Nach dem medaillenlosen Olympia-Abschneiden in Sotschi gab es einen Neuanfang mit sprintstarken und jungen Athleten. Selbst die zweimalige Weltmeisterin Marion Thees konnte sich wegen fehlender Startnormen nicht für das Weltcup-Team qualifizieren. Bei der WM forderte der Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) Anschlussplatzierungen. Für die Überraschung in Winterberg sorgte mit WM-Silber ausgerechnet C-Kader-Athletin Jacqueline Lölling, die die langsamste Deutsche am Start war. Damit führte die 20-jährige Junioren-Weltmeisterin die neue Nominierungspolitik des Verbandes ad absurdum. Nach den aktuellen Richtlinien dürfte Lölling im kommenden Winter nicht im Weltcup starten. Der BSD ist in der Zwickmühle.
Ski Alpin: Die Alpinen holten drei Medaillen bei der WM, Felix Neureuther kann kommendes Wochenende zudem die Slalom-Wertung im Weltcup für sich entscheiden. Die Gesamtbilanz liest sich im Vergleich zur Olympia-Saison zwar etwas schlechter - zieht man aber die drei Siege und insgesamt neun Podestplätze der zurückgetretenen Maria Höfl-Riesch ab, ist das Niveau nahezu unverändert geblieben. Die Frauen haben neben Viktoria Rebensburg keine echte Spitzenkraft mehr, die Herren sind bei den Technikern zu einem bärenstarken Team geworden. Die Speed-Fahrer sind auf einem guten Weg, haben aber noch einen zu großen Rückstand auf die Besten.
Snowboard: Nach zwei Olympia-Medaillen für Anke Karstens und Amelie Kober in Sotschi sind die deutschen Snowboarder diese Saison ohne große Erfolge geblieben. Bei der WM im Januar klappte es nicht mit einer Medaille, im Weltcup nicht mit einem Sieg. Am stabilsten präsentierten sich die Raceboarder, die fünf Podestplätze schafften.
Ski-Freestyle: Das Highlight war der WM-Titel von Slopestylerin Lisa Zimmermann. Gut auch der erste Podestplatz von Sabrina Cakmakli in der Halfpipe. Die Skicrosser hatten ein ordentliches Jahr, hätten aber durchaus das ein oder andere Spitzenresultat mehr einfahren können. Pech hatte die Sparte mit Verletzungen.
Skispringen: Die Skispringer um die Vorflieger Severin Freund und Carina Vogt haben wohl endgültig die Weltspitze erreicht. Freund fliegt derzeit allen davon und kann als erster Deutscher nach Martin Schmitt am Wochenende den Gesamtweltcup gewinnen. Der erste Einzelsieg bei einem Springen der Vierschanzentournee war ebenso ein langgehegtes Erfolgsziel. Ein deutscher Gesamtsieger lässt aber noch auf sich warten. Auch die Konstanz der vornehmlich jungen Springer ist noch nicht so, wie es Bundestrainer Werner Schuster gern hätte. Im Damenbereich ist der Aufwärtstrend sichtbar, auch wenn hinter Vogt und Katharina Althaus noch eine Lücke klafft.
Langlauf: Der Rücktritt von Bundestrainer Frank Ullrich nach internen Querelen zeigt: Im Langlauf ist einiges nicht so gelaufen, wie erhofft. Der Generationswechsel im männlichen Bereich verlief nicht reibungslos, dazu kam der Totalausfall nach Erkrankung von Hoffnungsträger Hannes Dotzler. Allerdings gab es auch positive Tendenzen. Tim Tscharnke gewann wieder ein Weltcup-Rennen, die Damen schafften vor allem im Distanzbereich starke Resultate. Drei Läuferinnen unter den besten Elf des Gesamtweltcups gab es ewig nicht. Im Sprintbereich konnten die Deutschen dafür nicht an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen.
Nordische Kombination: Die Kombinierer waren auch im nacholympischen Winter wieder eine Klasse für sich. Eric Frenzel verteidigte den Gesamtweltcup und holte sich das prestigeträchtige Seefeld-Triple, die Mannschaft gewann erneut den Nationencup. Bundestrainer Hermann Weinbuch und sein Stab schafften es erneut, ihre Athleten in nahezu jedem Rennen in Podestnähe zu führen. Acht Saisonsiege, dazu zehn weitere Platzierungen unter den Top drei zeigen das Potenzial der Kombinierer. Wegen der Altersstruktur im Team und bereits im Weltcup aktiven Talenten ist auch künftig mit tollen Leistungen zu rechnen.
Eisschnelllauf/Shorttrack: Nach dem medaillenlosen Olympia-Debakel waren die Sprinter der Hoffnungsschimmer der Weltcup-Saison: es gab den Doppelerfolg von Nico Ihle und Samuel Schwarz in Berlin und den 32. Weltcuperfolg der inzwischen 43 Jahre alten Claudia Pechstein über 5000 Meter in Seoul. Ihle sprintete zudem dreimal auf Rang drei. Die Bronzemedaille von Patrick Beckert bei der WM in Heerenveen über 10 000 Meter belegt, dass auch der Erfurter einen Schritt nach vorn gemacht hat. Judith Hesse schaffte erstmals zwei Podestplätze über 500 Meter. Beim Shorttrack sieht es düster aus. Allein Olympia-Teilnehmerin Anna Seidel trägt die Hoffnungen, doch Podestplätze sind für sie noch in weiter Ferne.
Eiskunstlauf: Im Jahr eins nach dem Karriere-Ende der fünfmaligen Weltmeister Aljona Savchenko/Robin Szolkowy waren die Erwartungen der Eiskunstläufer ganz niedrig angesetzt. Der Olympia-Achte Peter Liebers laborierte monatelang an einem Schulterbruch und sagte die Grand-Prix-Starts ab. Bei der EM im Januar lief der Berliner als Sechster zu alter Form auf. Bei der WM Ende März in Shanghai will er unter die Top Ten. Die Mannheimerin Nathalie Weinzierl verlor wegen Rückenbeschwerden den deutschen Meistertitel. Nicole Schott aus Essen ließ bei ihrem EM-Debüt mit Rang neun aufhorchen. dpa
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