Löw muss auch auf Träsch verzichten
Nach Rene Adler und Michael Ballack fällt nun der Spieler aus, der als Kandidat für den freien Platz im Mittelfeld gegolten hatte. Bundestrainer Löw will aber niemanden für die WM nachnominieren. Von Anton Schwankhart
Die Vorbereitung auf eine Weltmeisterschaft ist für Trainer und Spieler ein Tanz auf der Rasierklinge. Einerseits gilt es, die Expedition in Grenzbereiche zu treiben, damit sie am Zielort nicht schlappmacht, andererseits dürfen die Belastungen nicht so groß und gefährlich sein, dass Spieler schon im Trainingslager auf der Strecke bleiben.
Unter den Akteuren sind Testspielchen gegen örtliche Dritt- und Viertligisten beliebt, weil sie die Trainingsmonotonie unterbrechen. Trainer brauchen solche Spiele, wie Hansi Flick, der Assistent von Bundestrainer Joachim Löw, sagt: "Sie liefern wichtige Erkenntnisse."
Gleichzeitig fürchten Trainer diese Spiele. Sie sorgen sich um die Knochen ihrer Schäfchen, die von übereifrigen Amateuren malträtiert werden könnten.
Den Kickern des FC Südtirol, der am Montagabend in Eppan als Sparringspartner für den deutschen WM-Kader antrat, war das nicht vorzuwerfen. Der Aufsteiger in die dritte italienische Liga spielte engagiert, aber nicht hart. Trotzdem muss Joachim Löw nun einen weiteren Akteur von seiner WM-Liste streichen. Christian Träsch war umgeknickt und zudem in ein Absperrnetz gerutscht.
Die Untersuchungen im Bozener Krankenhaus ergaben eine Kapselverletzung des Knöchels. 14 Tage Trainingsverbot, vier Wochen Reha. Das Ende aller WM-Träume für den 22-jährigen Stuttgarter, der am Dienstagnachmittag die Heimreise antrat. Um das Unglück ein wenig abzufedern, ließ der Bundestrainer erst eine Nacht verstreichen, ehe er Träschs Hoffnung auf Südafrika auch für die Öffentlichkeit platzen ließ.
Träsch galt als möglicher Ersatz für den fehlenden Michael Ballack. Die Vielseitigkeit des gebürtigen Ingolstädters und die geringe Auswahl an defensiven Mittelfeldspielern hatten seine Chancen auf Südafrika gemehrt. Khedira und Schweinsteiger - weitere Kandidaten gibt es nicht.
Hansi Flick räumte am Dienstag mit der Einschätzung einiger Beobachter auf, Träsch wäre einer jener drei Kandidaten gewesen, die Löw bis zum 1. Juni noch aussortieren muss, um seinen Kader von 26 Spielern auf die erlaubten 23 zu reduzieren. Flick: "Christian hat in Stuttgart eine tolle Saison gespielt. Wir hätten ihn gerne dabei gehabt und er wäre auch im Kader gewesen."
Nach René Adler und Michael Ballack ist Träsch der Dritte, der kurzfristig für die WM ausfällt. So großes Verletzungspech hatte eine deutsche Fußball-Expedition schon lange nicht mehr. Man wartet jetzt nur noch darauf, dass sich Lukas Podolski an der Playstation den Daumen auskugelt...
Es gibt aber auch gute Nachrichten. Die FC Bayern-Vorhut mit Klose, Gomez, Müller und Badstuber ist am Dienstag heil in Eppan angekommen. Schweinsteiger, Lahm und Butt sollen am Mittwoch folgen.
Derweil berät der Trainerstab die neue Personallage. "Wir werden keinen Spieler nachnominieren", verrät Flick. Das bedeutet: Nur noch zwei Akteure müssen den Kader verlassen. Dass keiner von den sechs Stürmern betroffen ist, wie der Bundestrainer vor Wochen angekündigt hat, scheint nicht mehr sicher. "Warten Sie den 1. Juni ab", empfiehlt Löw auf Nachfrage.
Die Pechsträhne hat einiges durcheinandergebracht und noch warten zwei Länderspiele auf die deutsche Elf. Eines am Samstag in Budapest gegen Ungarn, das andere am folgenden Donnerstag in Frankfurt gegen Bosnien-Herzegowina. Angst, es könne sich wieder ein Spieler verletzen, habe man nicht, versichert Flick. "Man kann das nicht verhindern, man muss es hinnehmen."
Für den Fall der Fälle hält der Trainerstab Kontakt mit Spielern aus der dritten Reihe. Namen nennt er nicht, die Genannten könnten sich ja verletzen. Der Stuttgart-Flüchtling und Wahl-Römer Thomas Hitzlsperger könnte als defensiver Mittelfeldspieler ein Kontaktmann sein.
Derweil flüchten sich die Trainer in Galgenhumor. Vom Mountainbiking seien alle Spieler gesund zurückgekommen, erzählt Flick am Dienstag. Nur zwei Plattfüße waren zu beklagen. Von Anton Schwankhart
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