Warum Werder Bremen zurzeit ein unbequemer Gegner ist
Unter Viktor Skripnik hat Bremen zum Erfolg zurückgefunden. Der Anhang ruft schon nach der Europapokal-Teilnahme. Der Trainer aber ist vor der Partie gegen Augsburg vorsichtig.
Es hat nicht lang gedauert, da wussten in Bremen die ersten schon, was sie am neuen Trainer haben würden: einen Siegertypen. „Viktor-y“ (das englische Wort victory heißt übersetzt Sieg) feierte der Anhang wortspielend Viktor Skripnik nach dessen siegreicher Premiere am 1. November. Dreieinhalb Monate ist jenes 2:1 in Mainz, Werders erster Sieg der Saison, nun her.
Seitdem haben die Bremer unter Skripnik eine wundersame Wandlung hingelegt. 22 Punkte sammelte das Team in den elf Spielen unter dem neuen Chef – aus dem Hauch der Erneuerung ist ein Aufwind geworden, von dem niemand weiß, wie weit er trägt. Die Frage, woher er kommt, ist leicht zu beantworten. „Das neue Trainerteam hat uns neues Selbstvertrauen und Mut gegeben“, erklärt Zlatko Junuzovic.
So einfach kann das sein. Traumkombinationen wie vor dem 1:0 gegen Leverkusen am vergangenen Sonntag sind zwar weiterhin die Ausnahme – wichtiger sind die Basistugenden, die Skripnik seinen Spielern vermittelt hat: Leidenschaft und Einsatz. Ein schönes Beispiel in Sachen Grundlagenschulung bot der 45-Jährige gegen Leverkusen selbst: „Aktiv, aktiv“, brüllte er mehrfach auf den Platz und erklärte später auf Nachfrage, was er damit eigentlich gemeint habe: Man müsse die Zweikämpfe suchen, antwortete Skripnik, nicht auf sie warten.
Trainer Skripnik bringt Werder Bremen wieder zum Erfolg
Der eher introvertiert wirkende Ukrainer trifft mit seiner direkten, einfachen Ansprache den Nerv der Spieler. „Wir werden immer mehr zu einem Team“, urteilt Nachwuchsstürmer Davie Selke. Die Skripnikisierung Werders funktioniert aber auch deshalb, weil die ganze Fußballstadt Bremen wieder zu ihrer Ur-Definition der Werder-Familie zurückfindet. Skripnik selbst, Co-Trainer Torsten Frings, Torwarttrainer Christian Vander – sie sind alle als langjährige Bremer Profis grün-weiß sozialisiert.
Robin Dutt, Skripniks Vorgänger, hatte dagegen wie ein Fremdkörper in der Werder-Welt gewirkt. Und anders als Dutt, der nur zaghaft ein wenig Jugend einbaute, setzt der ehemalige U-23-Trainer Skripnik voll auf den seit Jahren nötigen Umbruch. Eine andere Wahl hat er ohnehin nicht. Doch der einst so ruhmreiche SV Werder ist damit an den Wurzeln seines früheren Erfolges angekommen. Bei sich selbst.
Werder Bremen auf dem Weg zum Europapokal?
Ganz Verwegene schielen schon wieder nach höheren Weihen. Europa? Warum nicht? Sind ja nur noch sechs Punkte. Weshalb am Sonntag, als Werder gegen Leverkusen einen 2:1-Vorsprung ins Ziel rettete und so den vierten Sieg in Folge feierte, in der Fankurve schon mal geübt wurde: „Europapokal, Europapokal.“ Vier Siege in Serie, das gab es schließlich zuletzt im Frühjahr 2010 – der Schlussspurt damals sicherte den Norddeutschen ihre letzte Spielzeit auf der Champions-League-Bühne. Also, man wird doch träumen dürfen? Viktor Skripnik schüttelt mit dem Kopf: „Wir schauen nur nach unten.“
Der Ukrainer tut gut daran. Denn auch wenn es dieser Tage in Bremen kaum jemand hören will: Der Erfolg steht auf tönernen Füßen, er stützt sich auf wenige Spieler. Das muss nicht mal Torjäger Franco Di Santo sein – seinen Ausfall haben die Bremer bereits mehrfach kompensiert. Es geht um die defensive Stabilität, die sich die schwächste Abwehr der Liga (41 Gegentore) gerade erst mühsam erarbeitet hat. Einer der Garanten des jüngsten Erfolgs war Innenverteidiger Alejandro Gálvez – der Andalusier aber fällt nun wochenlang aus. Ein anderer ist Philipp Bargfrede, der „Staubsauger“ vor der Abwehr – sein Einsatz heute gegen den FC Augsburg ist aufgrund von Rückenproblemen fraglich.
Skripnik lässt sich nicht von der Euphorie täuschen
In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob diese Bremer Mannschaft, der in der Hinrunde (und selbst noch im Winter-Trainingslager durch führende Kräfte anderer Klubs) die Qualität abgesprochen wurde, in der Erfolgsspur bleibt. Oder ob – wie in der Hinrunde – die Partie gegen den FCA der Wendepunkt zum Schlechteren wird.
Die Top vier der Liga mit Augsburg, Schalke, Wolfsburg und Bayern warten in den nächsten fünf Partien. Auch deshalb lässt sich der Mann, den sie Viktor-y nennen, nicht von der Euphorie täuschen: „Ich bin gespannt, was passiert, wenn wir zweimal verlieren.“
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