Anleger bejubeln Milliardenverluste
Die US-Finanzkrise hat Europas Geldinstitute fest im Griff. Am Dienstag hat die Deutsche Bank ihren düsteren Andeutungen Zahlen folgen lassen: Der Branchenprimus rechnet mit zusätzlichen Belastungen von rund 2,5 Milliarden Euro. Noch schlimmer trifft es das Schweizer Geldinstitut UBS. Von Michael Stifter
Frankfurt/Genf Die US-Finanzkrise hat Europas Geldinstitute fest im Griff. Am Dienstag hat die Deutsche Bank ihren düsteren Andeutungen Zahlen folgen lassen: Der Branchenprimus rechnet mit zusätzlichen Belastungen von rund 2,5 Milliarden Euro. Noch schlimmer trifft es das Schweizer Geldinstitut UBS. Fehlspekulationen haben die Bank weitere 12,1 Milliarden Euro und ihren Verwaltungsratspräsidenten Marcel Ospel seinen Job gekostet. Er kündigte seinen Rückzug von der UBS-Spitze an.
Wer aufgrund dieser neuen Hiobsbotschaften allerdings einen Absturz der Aktienkurse erwartet hatte, sah sich getäuscht. Sowohl die UBS als auch die Deutsche Bank gehörten am Dienstag zu den größten Gewinnern an den Börsen. Die Anleger hatten offenbar mit noch schlechteren Nachrichten gerechnet.
Tatsächlich hatte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann erst in der vergangenen Woche vor weiteren Abschreibungen gewarnt und Zweifel geäußert, ob der Konzern sein Gewinnziel für das laufende Jahr noch erreichen kann. Diese Befürchtungen haben sich zu Wochenbeginn noch verstärkt. "In den letzten Wochen haben sich die Bedingungen weiter erheblich verschlechtert", teilte das größte deutsche Bankhaus mit. Obwohl die Belastungen im ersten Quartal 2008 höher sind als im gesamten vergangenen Jahr, legte der Aktienkurs des Konzerns am Dienstag zeitweise um mehr als vier Prozent zu. Experten führten dies auch darauf zurück, dass die Deutsche Bank trotz allem weit weniger Verluste gemacht hat, als viele andere große Konkurrenten.
Wesentlich dramatischer ist beispielsweise die Lage der Schweizer UBS. Sie kündigte an, reinen Tisch zu machen und nährte damit immerhin die Hoffnungen der Börsianer, dass nun alle Verluste in Folge der Kreditkrise bekannt sind. Auch der Abtritt von Marcel Ospel brachte die Aktie in Schwung. Unter seiner Führung hatte das Geldinstitut im vergangenen Jahr den ersten Verlust seiner Geschichte erlitten. Anleger trauten dem 58-Jährigen offenbar nicht zu, das Unternehmen aus der Krise zu führen. Schon im Februar hatten sie Ospels Rücktritt gefordert. Dass er dennoch im Amt blieb, begründete er damals mit seinem Pflichtbewusstsein.
Nun geht er doch. Sein Nachfolger wird wohl der bisherige Chefjurist Peter Kurer. Dieser müsse sich als Banker allerdings erst noch beweisen, sagen Analysten. Um die Liquidität zu sichern, wird die UBS zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate zu einer Kapitalerhöhung greifen. Rund 9,6 Milliarden Euro sollen in den Konzern fließen. Erst im vergangenen Jahr hatte sich die Bank frisches Geld unter anderem von einem Staatsfonds aus Singapur beschaffen müssen.
Obwohl die UBS weitere Belastungen durch die Finanzkrise nicht ausschließen kann, gehen Anleger davon aus, dass das Schlimmste nun überstanden ist. Die Aktie hat seit Jahresbeginn mehr als 40 Prozent an Wert verloren und gilt als vergleichsweise billig. Am Dienstag legte sie zeitweise mehr als elf Prozent zu.
Die Diskussion ist geschlossen.