Darf der Chef mich überwachen? Und wenn ja, wo und wie?
Das Bundesarbeitsgericht hat der Überwachung von Mitarbeitern durch Detektive mit einem Urteil heute enge Grenzen gesetzt. Was Sie als Arbeitnehmer dazu wissen müssen.
Sagen Mitarbeiter auch die Wahrheit? Und sind sie fleißig? Keine Frage: Arbeitgeber wüssten das gern. Doch der Überwachung von Angestellten sind klare Grenzen gesetzt. Das hat auch das Bundearbeitsgericht heute noch einmal klargestellt in einem Urteil. Hier Fragen und Antworten.
Darf mich mein Chef ständig am Arbeitsplatz überwachen?
Nein. Arbeitgebern ist es grundsätzlich untersagt, ihre Mitarbeiter ständig zu überwachen. Denn das verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht, sagt Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wollen sie es ausnahmsweise dennoch machen, ist das nur in engen Grenzen möglich. Was erlaubt ist, hängt auch davon ab, ob ein Mensch oder eine technische Einrichtung Mitarbeiter überwacht und wo das geschieht.
In welchen Fällen darf ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter überwachen lassen?
Nur bei einem auf Tatsachen beruhenden, konkreten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung dürften Arbeitgeber Detektive zur Kontrolle von Beschäftigten einsetzen, urteilten die Richter am Donnerstag in Erfurt (Az.: 8 AZR 1007/13).
Welche "Pflichtverletzung" könnte eine Überwachung rechtfertigen?
Derartige Pflichtverletzungen können laut einem Gerichtssprecher etwa das Vortäuschen einer Krankheit oder Diebstähle sein.
Wie verbreitet ist die Detektiv-Überwachung von Arbeitnehmern?
Das Ausspionieren von Arbeitnehmern kommt nach Aussagen von Arbeitsrechtlern und Gewerkschaftern in der Praxis häufiger vor. Etwa beim Verdacht auf vorgetäuschte Krankheit, Alkoholsucht oder zur Kontrolle von Außendienstmitarbeitern schicken Unternehmen Detektive in die Spur, meint der Nürnberger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wolfgang Manske. Und Kerstin Jerchel, Juristin bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, weiß: "Arbeitgeber zahlen eine Menge Geld dafür".
Ist eine Überwachung per Videokamera erlaubt?
Wenn Firmen zur Überwachung technische Einrichtungen wie eine Kamera einsetzen wollen, brauchen sie auf jeden Fall die Zustimmung des Betriebsrats.
Darf ein Arbeitgeber im Dienst geschriebene, private Mails seiner Mitarbeiter mitlesen?
Nein. "Erlaubt oder duldet der Arbeitgeber die private Nutzung, muss er nicht nur den Datenschutz, sondern auch das Fernmeldegeheimnis beachten", sagen Datenschützer.
Was ist, wenn ich zu Unrecht von meinem Chef überwacht wurde?
Ist die Überwachung unzulässig, haben trotzdem observierte Mitarbeiter dagegen Anspruch auf Schmerzensgeld.
Um was ging es in dem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht?
Am Donnerstag entschied das Bundesarbeitsgericht über einen Fall, bei dem ein Arbeitgeber eine Mitarbeiterin von einem Detektiv beobachten ließ. Die Frau hatte sich arbeitsunfähig gemeldet - der Arbeitgeber ging davon aus, dass das nicht stimmt.
Die Klägerin aus Münster wollte wegen der Überwachung von ihrem früheren Arbeitgeber ein Schmerzensgeld von 10 500 Euro erstreiten. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte ihr daraufhin 1000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Das Bundesarbeitsgericht hielt diese Summe nun ebenfalls für angemessen. AZ, bo, dpa
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