Die wundersame Welt der nicht immer billigen Billigflieger
Augsburg Wenn ein Manager einen schönen, dezent gestreiften Anzug trägt, aber keine Krawatte, trifft er eine Aussage. Verzichten auch seine Begleiter beim Redaktionsbesuch auf den Mannesschmuck, darf das als bewusster Schritt gedeutet werden. Auf alle Fälle ist damit schon einmal klar, dass Roland Keppler (43) nicht aus dem Topmanagement einer Bank, eines etablierten Stromversorgers oder anderer konservativer Weihestätten kommt. Seine Heimat könnte die Computerbranche sein, doch dort tragen inzwischen wieder viele Führungspersönlichkeiten Krawatte, nachdem um das Jahr 2000 ihre schlipslosen Jungmanager-Kollegen reihenweise mit börsennotierten Firmen in den Abgrund stürzten.
Kepplers Weg zeigt jedoch steil nach oben. In seinem Milieu ist es durchaus üblich, den obersten Hemdknopf aufzumachen. Er hat für den Reiseriesen TUI den Billigflieger HLX mit dem markanten gelb-schwarzen Design nach vorne gebracht.
Der Manager gehört zu den Jungen Wilden der Luftfahrtbranche, die als preisbrechende Provokateure den Markt aufmischen. Ihr optisches Vorbild ist der mit jetzt schon 56 Jahren immer noch jugendlich wirkende Airline-Anarchist Richard Branson, der die Gesellschaft Virgin Atlantic gegründet hat. Selbst bei feierlichen Zeremonien verzichtet der Brite auf eine Krawatte. Keppler sieht im Gegensatz zu Branson sonst von jeglicher Selbstinszenierung ab. Der Wirtschaftsingenieur tritt selbstbewusst und humorvoll auf, wie jemand, der schon etwas geleistet hat, ohne dabei abzuheben.
Der Luftfahrtexperte ist in die Führungsetage des Reiseveranstalters TUI Deutschland aufgerückt und kümmert sich als Geschäftsführer um die neue Marke TUIfly. Unter diesem Dach wurden die heimischen Fluggesellschaften des Konzerns zusammengefasst. Die aufmüpfigen HLXler gehen mit etablierten Mitarbeitern der Ferienfluglinie Hapagfly auf Tuchfühlung.
Mit dem heutigen Tag wird unsere Region Teil der TUIfly-Story, startet doch die erste Maschine des Unternehmens vom Allgäu Airport Memmingen (Kürzel: FMM) nach Berlin. Schwaben ist zumindest ein kleiner Punkt auf der Karte der boomenden Billigflieger. TUI-Mann Keppler stationiert auf dem Allgäu Airport zunächst eine Boeing-Maschine, eine zweite folgt Ende Oktober zum Beginn des Winterflugplanes. Um das Geschäft anzukurbeln, hat das Unternehmen "rund 600 000 Euro" für Marketing ausgegeben.
Allgäu-Airport-Geschäftsführer Ralf Schmid, der Keppler krawattenlos zum Redaktionsbesuch begleitet, ist stolz, TUIfly gewonnen zu haben. Der Airport in Memmingerberg profitiert von dem enorm wachsenden Luftverkehr. "Die Flughäfen in München und Stuttgart sind so voll, da ist Wachstum nicht mehr möglich", sagt Keppler. Von Memmingen aus will er Kunden aus ganz Schwaben, aber auch aus dem Westen Münchens und aus Österreich gewinnen. Der Manager spricht von einer "attraktiven und kaufkräftigen Region".
Die TUIfly-Leute sind mit dem Start in Memmingerberg zufrieden: "Das läuft besser als in Leipzig." Der Flughafen hat sich vorgenommen, 2009 oder 2010 rund 500 000 Passagiere pro Jahr zu gewinnen und damit eine "schwarze Null zu schreiben". Keppler glaubt, dass seine Fluggesellschaft schon 2008 bis zu 400 000 Gäste beisteuert. Dabei hat das Unternehmen einkalkuliert, "dass das erste Jahr dort nicht profitabel verläuft". Die Möglichkeit, von Memmingerberg günstige Flüge zu ergattern, hat aber schon voll eingeschlagen. Dabei gibt es Tickets für die einfache Strecke zum Komplettpreis von 19,99 Euro.
Der Billigflieger ist jedoch nicht immer billig. Nur rund zehn Prozent der Plätze gibt es zu derartigen Kampfangeboten. Im Schnitt kosten die Einfachtickets 70 bis 80 Euro einschließlich Gebühren. Solche immer noch interessanten Offerten werden durch Abspecken möglich. TUIfly wählt günstigere Flughäfen und setzt auf das Internet als preiswertere Vertriebsschiene. Die Firma profitiert dabei vom Trend zu kürzeren Städtereisen, deren Ziele oft nach einer günstigen Flugverbindung ausgesucht werden.
Die Diskussion ist geschlossen.