Kommentar: Recht und Gnade
Der Rechtsstaat bricht nicht zusammen, wenn eine Altenpflegerin wegen des Diebstahls von sechs Maultaschen eine zweite Chance bekommt. Manchmal ist es besser, zwar Recht walten zu lassen, aber dennoch Gnade, ja Barmherzigkeit zu zeigen. Von Stefan Stahl
Der Rechtsstaat bricht nicht zusammen, wenn eine Altenpflegerin wegen des Diebstahls von sechs Maultaschen eine zweite Chance bekommt. Manchmal ist es besser, zwar Recht walten zu lassen, aber dennoch Gnade, ja Barmherzigkeit zu zeigen.
Es wäre um so viel klüger und menschlicher gewesen, wenn die Verantwortlichen des Konstanzer Altenheims der Angestellten wegen ihres Diebstahls im Wert von wenigen Euro nur eine Abmahnung geschickt hätten. Die Frau war ja fast 17 Jahre dort in diesem aufreibenden Job tätig, ohne sich etwas zuschulden kommen zu lassen.
Doch die Leitung des Hauses kündigte der Frau fristlos - eine Überreaktion, wie am Dienstag auch das Gericht in der Berufungsverhandlung feststellte. Zugleich gelang es den umsichtigen Juristen, die Streitenden zu einem Vergleich zu bewegen und einem wichtigen Ziel von Rechtsprechung, der Friedenstiftung, gerecht zu werden.
Mit dem zumindest etwas versöhnlichen Ausgang des Maultaschen-Falls wird die Tat nicht verharmlost. Das Gericht lässt keinen Zweifel daran, dass auch die rechtswidrige Aneignung von sechs Maultaschen Diebstahl ist.
Insofern haftet dem hitzig diskutierten Maultaschen-Fall eine allgemein abschreckende Wirkung an. Juristen sprechen von Generalprävention. Es dürfte damit hinlänglich deutlich sein, dass man sich selbst mit dem Verzehr von sechs Maultaschen ins Unglück stürzen kann. Die Frage ist nur, wie tief man die Betroffenen fallen lässt. Besser ist, man fängt sie auf und lässt Nachsicht erkennen. Kommentar von Stefan Stahl
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