Der Angstschweiß auf des Volkes Stirn
Kaltenberg Ein ehrbarer, rechtschaffener Mann soll er sein, dieser Ritter Christian von der Engelsfaust. Doch vor den Frauen verschließt er seine Augen nicht. Kai Mühlberger ist es, der in diese Rolle beim 28. Kaltenberger Ritterturnier schlüpfen darf. "Im wahren Leben bin ich glücklich verheiratet", betont der 32-jährige Fischacher. Doch ein Flirt hier, ein Augenzwinkern da mit den Zuschauerinnen gehört eben zu seiner Rolle. Doch seine wahren, größten Fans sind die Kinder. "Es ist schon ein tolles Gefühl, wenn sie auf einen zukommen." Einmal das Schwert anfassen, einmal die Rüstung berühren: Das zaubere bei vielen der Kleinen einen strahlenden Gesichtsausdruck hervor. Da kann man auch leicht vergessen, dass die Ritter ein äußerst anstrengendes Dasein in Kaltenberg fristen. Den ganzen Tag sind sie auf dem Gelände unterwegs. "Das unterschätzen viele der jungen Nachwuchsritter, die zum ersten Mal dabei sind", weiß Mühlberger. Einer, der sich heuer erstmals in die Rüstung wirft, ist Guntram Küchel. Der 25-Jährige aus Meitingen hat aber schon vorgesorgt: Viel getrunken hat er. Bei Temperaturen weit über 30 Grad ist das wichtig. Dass er überhaupt dabei sein kann, verdankt er Mühlberger. Vor Kurzem habe er sich das Training der Stuntgruppe angeschaut und wollte unbedingt dabei sein. Und nun ist er in Kaltenberg.
Ein erstes Highlight ist heute der Umzug durchs Gelände. Fast alle Mitwirkenden präsentieren sich hier dem Publikum. So auch die Ritter. Sie marschieren stramm - in Reih und Glied. Doch dann - genau, wenn es keiner der Zuschauer erwartet - scheinen sie sich fast unaufhaltsam auf die Masse zu stürzen. Das Schwert haben sie dabei gezückt. Lautes Gebrüll tut das Übrige. Und dem Volk zu Kaltenberg steht der Angstschweiß auf der Stirn. "Für einige Sekunden stand mein Herz still", glaubt eine Zuschauerin. Da war sie wohl nicht die Einzige.
Beim Umzug sind auch die sechs jungen Frauen von "Dantzkezzel" dabei. Christin Ratz (22) und Lydia Fröchtenicht (21) halten den Besen fest in ihren Händen. Damit ist für die Zuschauer klar: Sie können nur Hexen sein. Ihr Lager haben die Frauen im Wald aufgeschlagen. Auch das ist symbolisch zu sehen: Von der Gesellschaft ausgestoßen - aus den unterschiedlichsten Gründen - leben sie nun ihr eigenes Leben. Lydia Fröchtenicht, die heuer zum zweiten Mal dabei ist, kommt frisch aus dem Türkei-Urlaub. "Dort konnte ich mich wenigstens schon mal an die heißen Temperaturen gewöhnen", sagt sie augenzwinkernd. Ursprünglich kommt die Wehringerin aus Niedersachsen. In ihrer Heimat sei sie auch erstmals mit dem mittelalterlichen Leben in Kontakt gekommen. Auf dem größten norddeutschen Mittelalterfest habe sie ihre Leidenschaft entdeckt. Mittlerweile kennt sie auch viele der Teilnehmer. "Es ist aber ein ganz komisches Gefühl, wenn man einmal einen Kaltenberg-Teilnehmer in der Disco trifft." So ganz ohne Mittelalter-Kluft? Gewöhnungsbedürftig sei das schon.
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