Wenn asiatische Kampfkunst zu Holzskulpturen inspiriert
Der Diedorfer Bildhauer Olli Marschall schöpft für seine Werke und seine Musik aus verschiedenen Ausdruckswelten
Diedorf-Vogelsang Harmonie, Kraft, Entspannung und ihre Wechselwirkungen – sie ziehen sich durch das Werk und die Arbeit von Olli Marschall. Für den Bildhauer, der inzwischen seinen künstlerischen Schwerpunkt auf die Arbeit mit Holz gelegt hat, bedeutet es keinen Widerspruch, sich auch mit der chinesischen Kampfkunst auseinanderzusetzen.
Denn seit 1983 gilt seine zweite Leidenschaft dem Studium des „Wing-Chun-Boxens“. Inzwischen lehrt er diese Kampfkunst in einer eigenen Schule. „Die Beschäftigung damit wirkt bis zum heutigen Tag inspirierend und prägend auf mein künstlerisches Werk.“ So gestaltet er derzeit aus Holz eine Skulptur, die eine typische Kampfsituation zweier Kontrahenten zeigt. Zunächst zeichnet er die Kraftlinien der Körper – wie sie auch im tatsächlichen Training wichtig sind – auf das Holz. Eine weitere Parallele zwischen beiden „Künsten“ sieht Olli Marschall: Bei beiden gehe es darum, die Gesetzmäßigkeiten zu erlernen – wie laufen beim Körper die Beziehungen zwischen Entspannung und Spannung, wo gibt es beim Holz Spannungen, die er nutzen kann oder vermeiden muss? „Am Ende muss man dazu gelangen, sie souverän abzufragen. Denn beim Kung-Fu ist die effektivste Art auch die stimmigste Art.“ Und auch in der Skulptur hat sich der Künstler eine souveräne Technik erarbeitet, die es ihm ermöglicht, auch mit der Kettensäge fein zu arbeiten.
Überhaupt: Die asiatische Kampfkunst brachte Marschall, der sich zuvor mit Metall befasste und damit sowohl sich bewegende Objekte als auch skurrile Möbelkreationen schuf, schließlich zum Holz als Ausdrucksmittel: „Aus der Konstruktion hölzerner Trainingspuppen für den Kung-Fu-Unterricht entwickelte sich meine Leidenschaft für das Material Holz.“
Die Imaginationskraft für bewegte Körper, die für erfolgreiche Kung-Fu-Schüler unerlässlich ist, in Verbindung mit der Verfeinerung der körperlichen Koordinationsfähigkeit, nutzt er auch für das Arbeiten mit Messern und Kettensäge. Seine Kampffiguren entstehen zunächst in seiner Vorstellung. „Mitunter erlebe ich die Bewegungen während des Kampfes wie in Zeitlupe, so hat sich im Lauf der Jahre meine Wahrnehmung verfeinert.“
Welches Potenzial in einem unbehauenen Stamm steckt – auch das sieht der Künstler vorher. Hier kommt dann auch die dritte Facette Marschalls ins Spiel – der Musiker: „Wenn ich runde Formen entwerfe, habe ich auch eine Art musikalisches Empfinden.“ Seit Jahren kombiniert er Holzkunst und Musik: Die Holzfiguren und Artefakte haben oftmals etwas Archaisches. Auf eine uralte Tradition der australischen Ureinwohner gehen die Didgeridoos zurück. Solche Musikinstrumente aus Holzröhren gestaltet Olli Marschall nicht nur. Er spielt diese Instrumente auch. So kombiniert er an den Sonntagnachmittagen, an denen er jeweils seinen großen Ateliergarten für das Publikum öffnet, archaische Musiklaute aus dem Didgeridoo mit den urtümlichen Formen seiner oft mehrere Meter hohen, frei stehenden Baumstamm-Gebilde.
Daraus entstanden ist ein Musikerduo: Gemeinsam mit dem Diedorfer Musiklehrer Kai Struck hat er das Ensemble „Dröhndrang“ gegründet – mit durchschlagendem Erfolg: „Seit gut zwei Jahren werden wir für Veranstaltungen engagiert.“ Doch am liebsten ist Olli Marschall, wenn sich über seine Skulpturen hinweg eine Kommunikation mit den Menschen entwickelt, die ihn in seinem Ateliergarten besuchen. „Manche frage ich auch nach den drei Arbeiten, die ihnen am meisten gefallen haben.“ Aus dieser Frage hat sich schon manche interessante Diskussion entwickelt, in der er auch selbst etwas über sein Werk erfuhr.
Dazu ist am morgigen Sonntag zwischen 15 und 20 Uhr Gelegenheit. Ab 17 Uhr gibt’s im Ateliergarten eine Performance: Der Poetry-Slammer Andy Strauß spricht zu Artur Fast, der Olli Marschalls großbusige hölzerne Skulptur „Gloria Black“ als Livepaint-Akt bemalt.
Mehr im Internet unter
www.marsart.de
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