Von-Braun-Straße in Gersthofen: Das sagen Betroffene zur Ratsentscheidung
Plus Der Gersthofer Stadtrat hat entschieden: Die Wernher-von-Braun-Straße darf weiter so heißen. Doch wie stehen Anlieger zu dem Beschluss?
Die Wernher-von-Braun-Straße in Gersthofen wird auch in Zukunft den Namen dieses Physikers tragen, der mit den Nazis gemeinsame Sache gemacht hat. Der Gersthofer Stadtrat hat mit 11:15 Stimmen eine vom Historiker Bernhard Lehmann und mehreren Initiativen geforderte Umbenennung abgelehnt. Wie davon Betroffene diesen Beschluss bewerten.
Der Stadtrat hatte sich die Entscheidung bei der Sitzung am Mittwochabend indessen nicht leicht gemacht. Auf Antrag des CSU-Fraktionsvorsitzenden Frank Arloth gab es sogar eine längere Sitzungsunterbrechung. Und auch die verschiedenen Meinungen für oder gegen eine Umbenennung der Wernher-von-Braun-Straße wurden laut und emotionsgeladen ausgetauscht. Am Ende wurde dies im verhältnismäßig knappen Abstimmungsergebnis auch dokumentiert. Auch innerhalb der Fraktionen stimmten einzelne Mitglieder unterschiedlich ab.
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In jungen Jahren war Joschka Fischer auch nicht gerade ein Vorbild an Tugend und Gesetzestreue. Trotzdem war er Jahre später ein geachteter Außenminister, dem man seine Jugendsünden nachsah. Wernher von Braun wuchs in einer Zeit auf, die sich wohl nicht ganz mit der heutigen Zeit vergleichen lässt. Wer damals etwas beruflich erreichen wollte, der musste Vitamin B (Beziehungen) haben. Die hatte man als Mitglied der Regierungspartei, es war also normal, dass sich Wernher von Braun dort als Mitglied eingetragen hat. Betrachtet man das Interessenfeld seiner Forschung, dann ist auch nachvollziehbar, warum er sich der SS angeschlossen hat. Er wollte schlicht beste Voraussetzungen für seine Entwicklung von Raketen haben. SS und NSDAP zeichnen aber auch verantwortlich für eines der schlimmsten Verbrechen in der jüngeren deutschen Geschichte, auch wenn Wernher von Braun selbst niemanden persönlich umgebracht hat, so trägt er doch eine Mitverantwortung für diese Gräueltaten.
Aber mit Ende des zweiten Weltkriegs war das Leben von Wernher von Braun ja nicht zu Ende gekommen, die USA sicherten sich sehr schnell seine Dienste in der Weltraumforschung. Die USA sahen ihn seinerzeit allenfalls als Mitläufer, aber sie sahen ihn nicht in der Verantwortung als Täter. In den USA hat er dann in Bezug auf Raketentechnik und Weltraumforschung beachtliches geleistet, durch seine Arbeit wurde der bemannte Raumflug möglich, die letztlich auch die Landung auf dem Mond mit eingeschlossen hat.
Stellt sich also die Frage, ob jemand ein Leben lang für Fehler in seinen jungen Jahren büßen soll, in dem Fall hätte auch Joschka Fischer nie ein politisches Amt übernehmen dürfen. In Israel lebte vor 2000 Jahren ein gewisser Jesus, von dem ein Satz überliefert ist, über den man mal nachdenken sollte, bevor man über andere Menschen urteilt: Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein.
Den Vergleich muss Joschka Fischer nicht ertragen! Sie beschönigen das Wirken von WvB im Dritten Reich erheblich. Es geht vor allem um seine Rolle beim Requirieren von Häftlingen für den Bau seiner V2 im KZ Mittelbau-Dora.
"Die Zahlen allein: 60.000 Häftlinge etwa haben das KZ Mittelbau-Dora durchlaufen. Von ihnen sind, genaue Schätzungen sind schwierig, etwa 15.000 bis 20.000 den Produktionsbedingungen zum Opfer gefallen. Die Zahlen und das Alter in dem sie umgekommen sind, ein großer Teil war unter 30, ein weiter Teil unter 40, sprechen für sich.“
Das Foto aus dem Jahr 1934 zeigt Reichskanzler Adolf Hitler (unten M) und Wernher von Braun (vorletzte Reihe oben M) vor dem Offizierscasino des Versuchsschießplatzes Kummersdorf.
Teufelspakt: Wernher von Braun in einer Gruppe mit dem damaligen Reichskanzler Adolf Hitler (picture alliance / Sammlung Wolfgang Fleischer)
Die Häftlinge starben an Tuberkulose, Lungenentzündung und völliger Auszehrung. Sie wurden von den Wachmannschaften erschlagen, gehenkt und erschossen. Die V2 ist vermutlich die einzige Waffe der Welt, bei deren Herstellung mehr Menschen zu Tode gekommen sind als durch deren Einsatz. Beim Beschuss von London, Antwerpen und anderen Zielen soll es knapp 10.000 Opfer gegeben haben. Dass die Raketenwaffen von Häftlingen hergestellt werden, ist Wernher von Braun wohl bekannt. In einem Brief von 1944 berichtet er vom Besuch im KZ Buchenwald:
„Ich bin auf ihren Vorschlag sofort eingegangen, habe mir gemeinsam mit Doktor Simon in Buchenwald einige geeignete Häftlinge ausgesucht und ihre Versetzung ins Mittelwerk erwirkt.
Mit herzlichem Gruß und Heil Hitler, Ihr ergebener Wernher von Braun“
https://www.deutschlandfunk.de/die-karriere-des-wernher-von-braun-von-den-nazis-zur-nasa-100.html
Wir stellen heute noch Sekretärinnen und Bäcker, die in KZs tätig waren vor Gericht und klagen sie wegen Beihilfe zum Mord an. Dies tut man, weil man ihnen vorwirft mit ihren Tätigkeiten ein Mordregime gestützt zu haben.
Was bitte hat dann Wernher von Braun getan?
Sie können ja seine wissenschaftliche Tätigkeit schätzen und belobigen. Auf einem Straßenschild oder als Patron für eine Schule Ehrung erfahren - das muss nun wirklich nicht sein.
Niemand beschönigt hier etwas, Maja T. Aber es ist immer leicht, Menschen aus der heutigen Sicht zu verurteilen, nur wird das der Sache in keiner Weise gerecht. In Deutschland wurden nach dem Fall der Mauer auch Angehörige der Volksarmee der DDR verurteilt, weil sie den Befehlen Folge geleistet haben. In einem totalitären System ist es fast unmöglich, seine eigenen Werte zu leben, das sollte eigentlich hinreichend bekannt sein. Heute haben wir lauter vorgebliche Helden, die natürlich alle anders gehandelt hätten - theoretisch! Die Erfahrung zeigt, dass es eben nur graue Theorie ist.
Ich möchte nichts beschönigen, was damals passiert ist, aber man sollte das gesamte Lebenswerk eines Menschen sehen und nicht nur einen kleinen Teil davon. Man sollte auch alles im Kontext sehen, das hilft mit zu einem besseren Verständnis. Ich habe zum Beispiel nach dem Tod meiner Mutter erstaunt in einem Tagebuch von ihr zur Kenntnis genommen, dass sie damals dem Führer ein Kind schenken wollte, aber das wurde ja von der NS-Propaganda damals als gute Tat dargestellt. Man darf auch nicht vergessen, dass damals nur der Radio und die Zeitung Informationen vermittelte, beide Medien waren mit regierungstreuen Leuten besetzt. Heute hat man eine Vielzahl von Möglichkeiten, auch wenn die ganz offensichtlich kaum genutzt werden, um sich zu informieren. Sonst hätten Fake News und auch die AfD keine Chance.
Wenn sich in Strassennamen die negative NS-Zeit spiegelt, erinnert dies daran, daß es Menschen waren die diese furchtbare Zeit gefördert und geprägt haben. Diese Namen sollten der Nachwelt im Bewusstsein erhalten bleiben. Die Verursacher dieser dunklen Zeit haben einen Namen.
Mit Straßennamen erinnert man aber nicht an Unholde sondern an besonders ehrenwerte Personen, die es verdient haben, der Nachwelt in (guter) Erinnerung zu verbleiben.
Auf der Anna-Pröll-Mittelschule in Gersthofen steht in großen Lettern : Dem Guten, dem Wahren, dem Schönen. Die Mehrheit des Stadtrats folgte mit der Ablehnung der Umbenennung dem Prinzip: Der Wirtschaft, dem Geld, dem Kapital. Opportunismus statt Idealismus: Wer Kindern und Jugendlichen so ein Beispiel gibt, macht sich mit zivilcouragierten Aufschriften auf der Schule unglaubwürdig. Die Widmung eines Strassennames beinhaltet immer eine gewisse Ehrenbezeigung - darunter angebrachte Schilder hin oder her. Ich schäme mich für die Entscheidung der 15 Stadträte, die sich dafür ausgesprochen haben, dies aus Kostengründen in Gersthofen beizubehalten. Andere Städte waren hier klarer in ihrem Bekenntnis zum Guten, Wahren und Schönen.
Eine Baufirma, die wegen 5.000 bis 10.000 Euro lieber weiterhin ihren Firmensitz an einer Straße hat, die einen belasteten Namen trägt. Wenn das mal keine Werbung für sie ist.
Warum macht man es so wie anderswo? - eine Tafel, die weitere Informationen dazu gibt.
Physiker leben ihrer Welt; Physik und ansonsten nichts
Anderswo hat man das Gymnasium umbenannt. Ist halt leider nicht so leicht:
Wernher von Braun: NSdAP-Mitglied seit 1938, SS-Mitglied 1940, Obersturmbannführer der SS 1943, Professorentitel persönlich von Hitler verliehen (Zwischendrin ein wenig "beef" mit Himmler, konnten aber Keitel, Speer und Hitler wieder glätten). Zehntausende Tote Zwangsarbeiter in Mittelbau-Dora....
Halt nicht nur Physiker.
Sieht man leider in Gersthofen anders und ist auch überregional gesehen ein wenig peinlich ... siehe SZ.