Scherben inmitten einer leuchtenden Sonne
Kriegshaber/Centerville-Nord. Eine gläserne, strahlend gelbe Sonnenscheibe bildet seit kurzem den Mittelpunkt des Gebetsraumes der kleinen Schwesterngemeinschaft der Dillinger Franziskanerinnen in der Carl-Schurz-Straße 16. Dieses Kunstwerk ist ein Tabernakel. Im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes mit Ordensreferent Prälat Bertram Meier und Pfarrer Gerhard Groll von St. Thaddäus wurde nun das Allerheiligste in seine Mitte eingesetzt.
Diese gläserne Sonne des Künstlers Martin Knöferl, hinter einem hölzernen Tau-Kreuz aufgehängt, drückt symbolisch das aus, wofür die beiden Ordensfrauen, Schwester Martha Dirr und Schwester Veronika Görnert, stehen. Das "gelbe Glas", so der Künstler, weise auf das "aufscheinende Licht" hin. "Ihr seid so ein Lichtblick", meinte Knöferl.
Gespräche beim Kaffee oder Einkaufen
Schwester Martha und Schwester Veronika bilden die seit drei Jahren bestehende kleine Gemeinschaft der Dillinger Franziskanerinnen in der Regens-Wagner-Provinz. In diesem Viertel Centerville-Nord, in das nach dem Abzug der Amerikaner Menschen aus 34 verschiedenen Nationen gezogen sind, oft mit sozialen Nöten, leben die Schwestern "als Nachbarinnen". Mittendrin, in einer der vielen Wohnblock-Wohnungen; ansprechbar, sei es in der Waschküche, sei es bei einer Tasse Kaffee, sei es beim Einkaufen. Schwester Veronika arbeitet als Gemeindereferentin im Religionsunterricht und in der Schulseelsorge sowie in der Seelsorge im Regens-Wagner-Werk. Die Heilpädagogin Schwester Martha leitet eine SVE-Gruppe am Förderzentrum Hören.
Mit Not der alleinstehender Mütter vertraut
Nachmittags und an freien Tagen pflegen die beiden eine "offene Tür". Es kommen vor allem Kinder und Jugendliche, die in den Schwestern jemanden finden, der ihnen zuhört, der mit ihnen - wie im Advent geschehen - Plätzchen bäckt, mit ihnen auch den Kummer teilt und vor Gott bringt. "Viele Kinder sind hier sich selbst überlassen", berichtet Schwester Veronika. "Heute ist mein Papa ausgezogen" - solche Sätze von Kindern sind für Schwester Veronika nicht selten. Und sie kennt auch die große Not der vielen hier lebenden alleinstehenden Mütter, die "oft nicht wissen, womit sie das Essen für morgen bezahlen sollen". Auch erleben die Schwestern tagtäglich, wie viele Kinder wegen ihrer Sprachprobleme in der Schule nicht mitkommen.
Wer den neuen Tabernakel, diese leuchtende, freundliche Sonne, genauer betrachtet, entdeckt, dass darin, zwischen drei Glasschichten, einige Scherben liegen. Solche weißen und gelben Glasscherben, die die Schwestern in Schälchen vorbereitet haben, können, auch als eine Form des Gebets, von oben in die Scheibe hineingeschoben werden. Für den Künstler Martin Knöferl sind diese Scherben ein deutlicher Ausdruck dafür, dass das Leben auch in seiner Zerbrechlichkeit "bei Gott, ganz nah bei ihm am Kreuz, gut aufgehoben ist".
Prälat Bertram Meier würdigte in seiner Predigt beim Gottesdienst zur Einsetzung des Allerheiligsten den Mut der Franziskanerinnen, "in Zeiten sinkender Zahlen" diese Filiale zu gründen. "Hut ab dafür, dass Sie den Menschen hier ein Dach für die Seele schaffen", dass "diese Hoffnung, Halt und Trost bei Ihnen finden". Meier machte deutlich, dass Mission heute nicht heißt, "Menschen den christlichen Glauben aufzuzwingen, sondern wie der heilige Franziskus das Evangelium glaubwürdig anzubieten".
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