Anwohner in Augsburg warten seit Jahren auf neuen Lärmschutz an der B17
Verkehrslärm belastet Anwohner der B17 in Augsburg. Während eine Lärmschutzwand seit Jahren marode ist, tun sich noch weitere Baustellen auf.
Harald Meyer und seine Frau Anne-Kathrin Kilg-Meyer stehen auf dem Balkon ihres Einfamilienhauses. Es ist schön grün draußen im Garten, still ist es nicht. Man hört ein dumpfes Brummen und Rauschen. Die Geräuschkulisse kommt vom Verkehr auf der B17. Über 70.000 Fahrzeuge fahren auf der Bundesstraße täglich am Haus der Meyers in Göggingen vorbei. Die Lärmschutzwand ist an dieser Stelle marode und wird von der Stadt seit Jahren nicht saniert. Dabei sei alles vorbereitet und finanziert gewesen, sagen die Meyers. "Wir Anwohner durften sogar schon die Farbe der neuen Wand aussuchen – Resedagrün." Doch passiert ist bisher nichts.
Bereits seit vier Jahren sehen Fachleute Handlungsbedarf, den Jahrzehnte alten verrotteten Lärmschutz zu erneuern. Im Dezember 2018 kündigte das Tiefbauamt an, dass Teile der Schutzwand "kurzfristig" erneuert werden müssten. Und zunächst schien sich alles gut zu entwickeln. Anwohner konnten durchsetzen, dass bei der Sanierung weniger Grün abgeholzt wurde, als zunächst von der Stadt vorgesehen. Im Februar 2019 stellte das Tiefbauamt Details des neuen Lärmschutzes öffentlich vor und stimmte sogar die künftige Farbe mit den Anliegern ab. Was dann passierte, beschreibt Kilg-Meyer als ärgerliche Hinhaltetaktik der Stadt. "Inzwischen bin ich stinksauer." Dabei sei sie immer im Gespräch geblieben und habe während der Corona-Pandemie Geduld mit der Verwaltung bewiesen, so die Rechtsanwältin. Sie ist nicht nur selbst betroffen, sondern vertritt auch andere Anwohner. Insgesamt stehen in dem Bereich an der Scheffelstraße 14 Häuser und zwei Wohnblocks.
Stadt Augsburg zu Lärmschutz: "Verzögerung nicht schuldhaft verursacht"
Warum dauert der neue Lärmschutz so lange? In der Bauverwaltung nennt man Gründe. Der lange Zeitraum sei ärgerlich, "jedoch nicht schuldhaft verursacht". Die interne Planung habe vorgesehen, zuerst Grün zu beseitigen, dann einen Unterhaltsweg an der B17 zu bauen und die alten Holzelemente zu ersetzen. Die Rodung habe sich wegen Vogelbrutzeiten und Genehmigungen für die Baumfällung schwieriger und langwieriger gestaltet als vorgesehen. Mit dem Austausch der Füllelemente für die neue Wand sei nicht vor Herbst/Winter 2020 zu rechnen gewesen. Bei den Vorarbeiten habe sich zudem herausgestellt, dass die alten Holzelemente eine Mineralwolle enthalten, welche nur durch eine Spezialfirma abgebaut und entsorgt werden darf. Die Arbeiten könnten also nicht wie geplant vom Tiefbauamt selbst durchgeführt werden. Die Anwohner seien über den Stand der Dinge mehrfach informiert worden.
Kilg-Meyer ist mit den Auskünften der Stadt aber alles andere als zufrieden. Sie habe ständig nachhaken müssen und es von der Bauverwaltung seit 2019 mehrfach schriftlich bekommen, dass die nötigen Gelder vorhanden seien und die Auftragsvergabe bevorstehe. Zuletzt schrieb Baureferent Gerd Merkle (CSU), die Bauarbeiten seien im Oktober 2021 geplant und Haushaltsmittel "trotz der sehr angespannten Haushaltslage" vorhanden.
Anwohner in Augsburg bangen wegen des Lärms um ihre Gesundheit
Vor einigen Wochen fragte die Anwältin wieder einmal im Tiefbauamt nach. Eine neue Auskunft brachte für sie das Fass zum Überlaufen: Nun hieß es, dass zwei andere Projekte vorgezogen werden, das Vorhaben an der Scheffelstraße werde wohl auch 2023 nicht kommen. Auf Nachfrage unserer Redaktion teilt die Bauverwaltung mit: "Die geänderte Situation entstand durch die kurzfristig notwendig gewordene Maßnahme an zwei anderen Lärmschutzwänden" – an der Hooverstraße und am Osterfeldpark. Die Stadt sei dort zu sofortigem Handeln gezwungen. Sicher sei, dass die Arbeiten im Bereich Scheffelstraße "dennoch zügig angegangen werden". Geplant sei nunmehr, die Maßnahme komplett auszuschreiben und an eine Fachfirma zu vergeben.
Die Meyers leben unterdessen weiter mit dem desolaten Lärmschutz. Ein Stück der Wand fehlt, weil es herausgenommen, untersucht und nicht ersetzt wurde. "Der Verkehrslärm hat sich drastisch verschlimmert, und es geht auch um unsere Gesundheit", klagen sie. Etwa 74.000 Autos und Lkw rauschen an ihrem Haus vorbei – bei Tag und Nacht. Ist die Stadt nicht verpflichtet, für einen funktionierenden Lärmschutz von Anwohnern zu sorgen? Ein Ingenieurbüro habe im Juli 2021 ein Schallschutzgutachten erstellt, so die Bauverwaltung. Ergebnis: Die Grenzwerte an der Scheffelstraße werden danach nicht überschritten.
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Lärmkarte der Stadt Augsburg:
https://geoportal.augsburg.de/WebDaten/synserver?client=core&project=llis
Dieselbe Lärmbelastung in der Pferseer Straße, in der Gögginger Straße oder der Eserwallstraße. Da führt die B17 nicht durch. Gibt es in diesen Straßen deshalb keinen Lärmschutz?