Solarstrom einspeisen oder selbst verbrauchen?
Für die Betreiber von Photovoltaikanlagen sind die Einspeisevergütungen neu festgelegt worden. Damit beginnt für viele ein neues Rechenexempel. Was sich lohnt – und was nicht.
Auf dem eigenen Hausdach produzierten Solarstrom ins öffentliche Netz einspeisen oder ihn selbst verbrauchen? Vor dieser Frage stehen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, die sich aktuell eine Photovoltaikanlage aufs Dach montieren. Für Neuanlagen ist die Einspeisevergütung erhöht worden. Sie fällt unterschiedlich hoch aus, je nachdem für welches Modell man sich entscheidet.
Wer seinen klimafreundlichen Solarstrom komplett ins Netz einspeist, bekommt mittlerweile 13 Cent pro Kilowattstunde. Dies gilt bei einer Anlagengröße von unter zehn Kilowattstunden Nennleistung, wie sie typisch für ein Einfamilienhaus ist. Anlagenbetreiber, die sich für eine Eigenversorgung entscheiden, erhalten immerhin 8,2 Cent pro Kilowattstunde für jenen Teil des Stroms, der nicht im Haus verbraucht wird, sondern im Netz landet. Bei Neuanlagen, die noch bis 29. Juli 2022, also vor der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), installiert worden waren, liegt die Einspeisevergütung weiterhin bei 6,24 Cent, egal ob Voll- oder Teileinspeisung.
Eigenverbrauch ist auf jeden Fall sehr lukrativ
Trotz der aktuell höheren Vergütung bei der Volleinspeisung ist bei Einfamilienhäusern im Normalfall eine Eigenversorgungsanlage die wirtschaftlich günstigere Lösung. Der Energieversorger verlangt vom Endverbraucher ein Vielfaches von dem, was der Verkauf einer Kilowattstunde Strom bei der Volleinspeisung einbringen würde. Der Eigenverbrauch ist also auf jeden Fall sehr lukrativ – zumal die Stromtarife der Energieversorger weiter steigen dürften. Da fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass bei einer Eigenversorgungsanlage Solarstrom, der nicht im Haus verbraucht wird, nur mit 8,2 statt mit 13 Cent, wie bei der Volleinspeisung, vergütet wird.
Die Volleinspeisung lohnt sich insbesondere dann, wenn der Eigenverbrauch sehr niedrig ist und gleichzeitig eine sehr große Photovoltaikanlage installiert werden kann, wie zum Beispiel auf dem Dach eines Bauernhauses. Zu beachten ist dabei aber, dass die Einspeisevergütung bei PV-Anlagen mit einer Nennleistung ab zehn Kilowatt bei der Volleinspeisung um 2,1 Cent auf 10,9 Cent sinkt.
Experten empfehlen, möglichst viel Dachfläche für PV-Anlage zu nutzen
Ist eine sehr große Dachfläche vorhanden, kann unter Umständen auch die gleichzeitige Inbetriebnahme einer Eigenverbrauchs- und einer Volleinspeise-Anlage auf demselben Gebäude sinnvoll sein. Die gesetzliche Vorgabe lautet dafür, dass die beiden Anlagen technisch voneinander getrennt sein müssen, beispielsweise durch einen eigenen Wechselrichter. Ob diese Lösung wirtschaftlich sinnvoll ist, muss im Einzelfall von einer Expertin oder einem Experten durchgerechnet werden.
Egal, für welches Modell man sich entscheidet, Fachleute empfehlen, möglichst viel Dachfläche für die Photovoltaikanlage zu nutzen – auch weil eventuell in naher Zukunft große Stromverbraucher wie eine Wärmpumpe oder ein Elektroauto dazu kommen. Was die Entscheidung leichter macht: Es ist jährlich möglich, von einem Vergütungsmodell zum anderen zu wechseln.
Eigenverbrauchsanlage: Dann Strom nutzen, wenn die Sonne scheint
Wer sich für eine Eigenverbrauchsanlage entschließt, sollte natürlich darauf achten, dass möglichst viel Solarstrom im Haus genutzt wird – also die Wasch- oder Spülmaschine einschalten, wenn die Sonne scheint, oder dann das Elektroauto laden, falls eines vorhanden ist. Und natürlich sorgt auch ein Stromspeicher dafür, dass mehr Solarstrom vom eigenen Hausdach in den Eigenverbrauch fließt. Ob sich allerdings die Ausgaben für den Stromspeicher rechnen, muss im Einzelfall geprüft werden. Den Eigenverbrauch kann man mit und ohne Speicher gut mithilfe eines Energiemanagementsystems steuern und optimieren. Damit kann der Eigenverbrauch um zehn bis 20 Prozent erhöht werden. Die meisten Stromspeicher verfügen über ein solches Energiemanagementsystem, ohne muss man extra dafür zahlen.
Zur Person: Martin Sambale ist Geschäftsführer des Energie- und Umweltzentrums Allgäu, kurz eza!.
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