
Aus Sorge um Schulstandort Umzüge verzögert
Röttenbach/Roth (lb). Aus Sorge um ihre bedrohte Teilhauptschule hat die Gemeinde Röttenbach (Landkreis Roth) die Umzüge zweier Familien bis nach Schuljahresbeginn verzögert. Als "Aufwandsentschädigung" zahlte sie den Familien insgesamt 750 Euro, bestätigte die Gemeinde am Mittwoch auf Anfrage. Damit seien unter anderem Fahrtkosten erstattet worden, erläuterte Bürgermeister Thomas Schneider (Freie Wähler) am Mittwoch auf Anfrage.
In einem Fall sei eine Mutter davon überzeugt worden, erst nach dem ersten Schultag mit ihrem Kind aus Röttenbach wegzuziehen. In einem anderen Fall sei eine Familie dazu überredet worden, ihren Wohnsitz erst fünf Wochen nach Schuljahresbeginn zu verlegen, räumte das Gemeindeoberhaupt ein. Ursprünglich hätten beide Familien bereits während der Sommerfreien umziehen wollen.
In beiden Fällen sei so erreicht worden, dass in der 5. Klasse der Röttenbacher Teilhauptschule die Mindeststärke von 15 Schülern erreicht wurde. Andernfalls hätte die Schule geschlossen und die betroffenen Klassen an der Hauptschule im Nachbarort Georgensgmünd unterrichtet werden müssen. Die damit verbundene Schulumlage hätte sich allein im Jahr 2003 auf 13.300, im nächsten Jahr schon auf fast 30.000 Euro summiert. "Dies hätte unsere Gemeinde finanziell ruiniert", betonte der Bürgermeister.
Schneider betonte, er habe mit seinem Vorgehen nicht gegen Gesetze verstoßen, sondern sie lediglich genutzt. "Es ist schließlich nicht verboten, Eltern dazu zu überreden, in einer bestimmten Gemeinde mit ihren Kindern zu leben." Trotzdem sei er nicht besonders stolz auf das, was er gemacht habe. Er habe aber keine andere Möglichkeit gesehen, wirtschaftlichen Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Zudem sei es darum gegangen, den Schülern eine ortsnahen Schulstandort zu sichern.
Das bayerische Kultusministerium sprach unterdessen von einem Einzelfall. Das Vorgehen des Bürgermeisters, das vom Gemeinderat gebilligt wurde, werde Konsequenzen haben. Derzeit werde der Fall geprüft. Zugleich verteidigte die Sprecherin die festgelegte Mindestklassengröße. "Irgendwo muss es eine Grenze geben", sagte sie. Zudem sei die Festlegung auch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung im Freistaat eine Frage der gerechten Lehrerverteilung.
Der Landrat des Kreises Roth, Herbert Eckstein (SPD), zeigte für das Röttenbacher Vorgehen hingegen gewisses Verständnis: "Das ganze ist eine Gratwanderung zwischen Kreativität und Gesetzestreue. Im Grunde genommen ist das eine Art Notwehr von Gemeinden, die um ihre Schule bangen", sagte er. Der Staatsregierung warf er vor, die Grenze für die Mindestklassenstärke zu hart zu ziehen. Er gehe davon aus, dass es viele bayerischen Gemeinden gebe, die auf diese Weise versuchten, ihre Schülerzahl hochzuhalten, um "die Schule im Ort zu lassen".
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