Corona-Experte Wendtner erwartet Belastung der Intensivstationen bis Mitte 2022
Der Münchner Chefarzt mahnt zu Vorsicht im Umgang mit Pandemie. Der Regierungsberater warnt vor massiv ansteigender vierter Welle und wachsender Gefahr für Ungeimpfte.
Der Münchner Chefarzt und Corona-Experte Clemens Wendtner rechnet angesichts der sich ausbreitenden Delta-Variante mit einer sehr langen Belastung der Intensivstationen mit Covid-19-Patienten weit in das nächste Jahr hinein. „Aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht muss man ganz klar erkennen, dass wir weit davon entfernt sind, den Sieg über Corona verkünden zu können“, sagte der Infektiologe unserer Redaktion. „Die Pandemie mit einer deutlichen Belastung der Krankenhäuser wird sich meiner Einschätzung nach über die erste Hälfte des Jahres 2022 erstrecken“, betonte er.
Immunologe Clemens Wendtner rechnet mit starker vierter Corona-Welle
„Ob es im nächsten Frühjahr wieder besser wird, das müssen wir abwarten, in den Herbst- und Wintermonaten dieses Jahres ist damit nach Meinung aller namhaften Experten nicht zu rechnen“, sagte Wendtner der zu den Beratern der Bundesregierung in der Corona-Pandemie gehört. Hauptproblem sei die derzeit kaum steigende Impfquote: „Wenn sich hier nichts signifikant in den nächsten Wochen ändert, müssen wir davon ausgehen, dass die vierte Welle jetzt im Herbst noch massiv ansteigen wird und wir wieder viele Covid-Patientinnen und Covid-Patienten in den Kliniken und nicht zuletzt auf den Intensivstationen versorgen müssen“, sagte der Chefarzt der München Klinik Schwaben. „Die vierte Welle wird leider die Ungeimpften mit voller Wucht und mit allen klinischen Konsequenzen treffen, für diese Personengruppe wird es nach derzeitiger Datenlage keinen Schutz durch eine Herdenimmunität geben.“
Angesichts der neuen Warnsysteme könnten in den Herbst- und Wintermonaten bei einer zunehmenden Belastung der Kliniken Kontaktbeschränkungen und andere Einschränkungen wieder eingeführt werden, auch wenn dies nicht wünschenswert sei. „Aber es wäre trügerisch zu denken, dass wir die Pandemie bereits hinter uns haben“, sagte der Mediziner, der 2020 den ersten deutschen Corona-Patienten behandelte.
Chefarzt der München Klinik Schwabing: Gefährdung für Ungeimpfte erheblich
„Wir haben die Pandemie leider noch nicht überstanden, obwohl wir die Werkzeuge, dies zu verhindern – nämlich die Impfung – in der Hand hätten“, betonte er. Die Delta-Variante könne zu einer 300-fach höheren Viruslast im Vergleich zum ursprünglichen Wuhan-Wildtyp des Virus führen und damit auch zur Verbreitung durch frisch infizierte Geimpfte führen könne. „Für Geimpfte in der Umgebung ist dies kein Problem, aber für Ungeimpfte ist die Gefährdung vor dem Hintergrund von Delta wirklich erheblich, sie tragen ein sehr hohes Risiko, zu erkranken. Daher kann ich nur zum Impfen raten.“
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