Heißt es der oder die Viehscheid?
Allgäuer sind sich selbst nicht einig. Ein Erklärungsversuch
Dass es im Dialekt für viele Dinge je nach Region unterschiedliche Worte gibt, ist für den lernwilligen Auswärtigen schwierig genug. Um nicht als solcher enttarnt zu werden, muss er im Allgäu aber auch bei den Artikeln Obacht geben. Bestellt er im Ober- und Westallgäu etwa ein Weizen, weiß zwar jeder, was gemeint ist. Pluspunkte gibt es auch, weil er wenigstens nicht Weißbier sagt. Gleichzeitig ist aber klar: „Der isch id von do.“ Denn sonst würde er einen Weizen bestellen. Andersherum geht es ihm im Unter- und Ostallgäu. Ähnlich ist das bei der oder die Semmel oder der oder die Butter. Fast unfair wird es aber, wenn nur ein kleiner Ort einen anderen Artikel verwendet als der Rest. Wer soll das bitte ahnen? Deshalb müssen auch eingefleischte Allgäuer am Wochenende aufpassen, wenn sie nach Pfronten fahren – zu der Viehscheid.
Warum es in der Ostallgäuer Gemeinde die und nicht der Viehscheid heißt, ist allerdings nicht überliefert und auch den Einheimischen ein Rätsel. „Wir sagen schon immer die. Wenn einer der sagt, nimmt es ihm aber keiner krumm“, sagt Sybille Trenkle, die Frau eines Alphirten.
Dialektexperte Dr. Manfred Renn kann sich den sprachlichen Ausreißer bei der Viehscheid in Pfronten auch nicht erklären. „Bei solchen Dingen kommt es darauf an, was sich wo durchsetzt“, sagt der Wahl-Füssener, der ursprünglich aus dem Westallgäu kommt.
Wer sich nicht festlegen will, hat allerdings Glück. Denn im Allgäu ist eine undeutliche Aussprache absolut gesellschaftstauglich. So ist man mit einem genuschelten d‘ Viehscheid auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
Die Diskussion ist geschlossen.