Der Zimmerservice serviert die Mahlzeit im Napf
Im Industriegebiet von Freising gibt es seit Kurzem ein Sternehotel für Fiffi, Struppi und Co. Von Matthias Zimmermann
von Matthias Zimmermann
Freising - Ein Luxushotel im Industriegebiet zu bauen, darauf ist vor Thomas Gerteis wahrscheinlich noch niemand gekommen. Trotz aller Widerstände steht er heute vor seiner Vision. Hier, im Süden von Freising, ist sie Holz, Stahl und Glas geworden.
Der Frühlingswind weht das monotone Rauschen der nahen Autobahn heran. In der Waschanlage gegenüber saugen und wischen fleißige Autofahrer Blütenstaub und tote Insekten aus ihren Wagen. Rechts nebenan lockt ein Getränkediscounter mit billigem Bier und Sprudel.
Zu 70 Prozent ausgelastet
Gut fünf Monate nach der Eröffnung bestätigten ihm die Auslastungszahlen, dass er einen guten Riecher hatte, sagt der braun gebrannte Mittvierziger: "Wir sind im Schnitt zu 70 Prozent belegt. Und was uns noch mehr freut: Gut die Hälfte unserer Kunden kommen wieder." Das ist bemerkenswert, denn nicht nur die Lage, sondern auch die Ausstattung unterscheidet das "Canis Resort" von anderen Hotels.
Statt Zimmern gibt es "Lodges", Holzhütten, umgeben von sattgrünem Rasen. Das Essen wird nicht im Restaurant serviert, sondern vom Zimmerservice im Napf gereicht. Jawohl, im Napf. Denn Zielgruppe des Resorts sind nicht gestresste Geschäftsreisende oder wohlhabende Urlauber. Betriebsleiterin Sabine Gerteis und ihr Team verwöhnen ausschließlich vierbeinige Gäste: Das "Canis Resort" ist das erste Luxushotel für Hunde in Deutschland.
Die Idee zum Hunde-Hilton hatte Sabine Gerteis, das nötige Startkapital ihr Bruder Thomas, grob vereinfacht ist das die Entstehungsgeschichte des Hotels. Dazu kam, dass Thomas Gerteis Zeit hatte: Einige Monate bevor ihm seine Schwester ihre Idee vorstellte, hatte er seine Anteile an einer großen Online-Marketingagentur verkauft.
Expansion in Europa geplant
Jetzt haben die beiden Großes vor: Dem ersten "Canis Resort" sollen noch in diesem Jahr zwei weitere folgen. Mittelfristig sieht Thomas Gerteis Platz für zehn Resorts in Deutschland, danach will er in ganz Europa expandieren: "Wir haben den Markt sehr genau analysiert. Es gab bisher kein vergleichbares Angebot. Wenn wir schon investieren, dann wollen wir richtig einsteigen", erklärt er die weiteren Pläne, die verspiegelte Sonnenbrille lässig in die grauen Haare geschoben.
Als Marketingprofi versteht Thomas Gerteis es blendend, das Hundehotel zu verkaufen: Alle Pfleger tragen eine Dienstuniform mit eingewirktem "Canis Resort"-Logo. An der Rezeption gibt es Hunde-kissen und Decken im Design des Hotels zu kaufen, das Stück für 200 bis 450 Euro.
Den typischen Kunden beschreibt Gerteis so: "Der erfolgreiche Rechtsanwalt aus München steigt morgens um fünf in den Flieger nach London. Direkt am Gate nimmt einer unserer Mitarbeiter seinen Hund in Empfang. Abends erwartet ihn der erholte Hund dort wieder."
Sabine Gerteis hat vor der Verwirklichung dieses Projekts jahrelang selbst eine Hundeschule geleitet. Sie weiß, was die Tiere glücklich macht: "Sozialkontakt ist für die Hunde genauso wichtig wie für uns Menschen." Deshalb würden die Hunde, wenn möglich, in kleinen Gruppen zusammen gebracht. Über einen Flachbildschirm im Obergeschoss des Hauptgebäudes flimmern derweil Livebilder aus allen Lodges. Infrarotkameras an den Decken der Hütten zeigen den Pflegern auch in der Nacht, was die Hunde machen.
1,2 Millionen Euro hat Thomas Gerteis in das Resort investiert - alles Eigenkapital, wie er betont. "In Zukunft wollen wir mit unserer Marke das Synonym für Hundehotel werden", sagt er selbstbewusst.
Profite in der Wirtschaftskrise
Dass er und seine Schwester das schaffen werden, davon ist er überzeugt: "Alle Welt redet von der Wirtschaftskrise. Wir haben in der Krise eröffnet und waren im operativen Geschäft von Anfang an profitabel", gibt Gerteis dem Gast noch mit auf den Weg. Aus der Waschanlage gegenüber fährt derweil ein teures Cabrio heraus und über die Straße direkt auf den Parkplatz des Discounters. Vielleicht hat Gerteis tatsächlich den richtigen Riecher: Luxus und Discount waren sich noch nie so nahe.
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