"Wir sind einfach fassungslos"
Eine brennende Kerze steht auf dem Schreibtisch. Der dazu gehörende Stuhl in der Klasse 10b des katholischen Maria-Ward-Gymnasiums in Augsburg ist unbesetzt. Er wird leer bleiben, denn das Mädchen, das hier sitzt, wurde umgebracht: Esma Y. "Wir sind einfach fassungslos", sagt Direktor Peter Kosak. Die Mitschülerinnen sind geschockt.
von Thomas Faulhaber
Augsburg. Eine brennende Kerze steht auf dem Schreibtisch. Der dazu gehörende Stuhl in der Klasse 10b des katholischen Maria-Ward-Gymnasiums in Augsburg ist unbesetzt. Er wird leer bleiben, denn das Mädchen, das hier sitzt, wurde umgebracht: Esma Y. "Wir sind einfach fassungslos", sagt Direktor Peter Kosak.
Die Mitschülerinnen sind geschockt. "Die Schülerin hatte immer ein Lächeln im Gesicht", erinnert sich eine Lehrerin. Statt Unterricht zu halten, kümmerte sich die Klassenlehrerin gestern um die Trauerarbeit in der Mädchenklasse. Es war nur von einem tragischen Unglück die Rede. Die grausamen Details erfuhren die Kinder noch nicht. "Den Mitschülern standen Tränen in den Augen", so Kosak.
Die Familie hat in einer Altbauwohnung in der Jakobervorstadt gewohnt. Drei Parteien. Die Mutter lebte mit ihren Töchtern Esma und Aysen (23) ganz oben. Auf dem Fensterbrett im Gang brennen unter einem verstaubten Weihnachtsengel zwei Kerzen. Monika Schiwy hat sie aufgestellt. Sie wohnt seit 32 Jahren in dem Haus. Direkt unter der Familie. Frau Schiwy war gestern nicht da. Aber ihre Tochter Jasmin. "Was passiert ist, ist unfassbar", sagt die 32-Jährige. Sie kennt die Familie gut. "Die Kleine war so ein sonniges Wesen", sagt sie.
"Sie blühte richtig auf"
Nachdem Mutter Emine sich von ihrem Mann getrennt hatte, "blühte sie richtig auf", erzählte die Nachbarin. Sie plante den Führerschein zu machen, legte ihr Kopftuch ab, arbeitet bei einer Reinigungsfirma. "Die Ehe mit ihm muss die Hölle gewesen sein", sagt sie. Einmal habe die Polizei den Mann abgeholt, weil er einen Nachbarn mit der Axt bedroht habe. Das bestätigen Anwohner, die aus Angst ihren Namen lieber nicht nennen wollen. "Sie lebten etwas zurückgezogen, waren aber sehr nett", heißt es. Der Vater sei psychisch labil gewesen.
Es war ihr "gutes Herz", das sie dazu veranlasste, ihren Mann ab und zu wieder aufzunehmen, sagt eine Freundin, die Emine seit acht Jahren kannte. Der Vater von Esma kam manchmal zum Wäschewaschen und Essen, berichtet sie. Die Freundin hat die Familie Y. auch Anfang August zum Flughafen gebracht. Sie stand in telefonischem Kontakt mit ihr während des Türkei-Urlaubs. Die Augsburgerin kämpft mit den Tränen. "Man kann es nicht verstehen", sagt sie. "Das waren so liebe, liebe Menschen."
Video mit Stimmen von Nachbarn:
augsburger-allgemeine.de
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