Mutter der ermordeten Mädchen tapfer und gefasst
Als die Mutter der in Krailling ermordeten Mädchen aussagt, muss der Angeklagte den Gerichtssaal verlassen. Immer wieder kämpft die Frau mit den Tränen, aber sie ist gefasst.
Sie kämpft immer wieder mit den Tränen, aber sie steht die Vernehmung durch: Von der Öffentlichkeit abgeschirmt hat am Montag die Mutter der beiden in Krailling ermordeten Mädchen vor dem Landgericht München ausgesagt. Sichtlich mitgenommen, aber gefasst, habe die 42-Jährige geschildert, wie sie am frühen Morgen des 24. März ihre toten Kinder in der Wohnung fand, berichtete Oberstaatsanwältin Andrea Titz aus der Sitzung. "Sie ringt um Fassung, sie ringt um Worte, sie weint." Trotzdem habe die Vernehmung nicht unterbrochen werden müssen. "Sie ist sehr um Fassung bemüht", sagte Titz. "Sie macht einen tapferen Eindruck."
Der Frau blieb eine Konfrontation mit dem mutmaßlichen Mörder ihrer Kinder erspart: Das Gericht hatte beschlossen, dass der angeklagte Onkel der Schwestern während der Vernehmung den Gerichtssaal verlassen muss.
Sonst bestehe die Gefahr, dass sich der Gesundheitszustand der Frau verschlechtere und sie erneut traumatisiert werde, so der Vorsitzende Richter Ralph Alt. In einem anderen Raum verfolgte der Angeklagte die Vernehmung per Videoübertragung. Die Leichen der achtjährigen Chiara und der elfjährigen Sharon hatten die Mutter und ihr Lebensgefährte blutüberströmt in der Wohnung der Frau gefunden, als sie am frühen Morgen von der Arbeit in der nur 50 Meter entfernten Musikkneipe des Freundes nach Hause kamen.
Die Mutter habe bei der Heimkehr Dinge entdeckt, die nicht in die Wohnung gehörten, berichtete Titz. Im zweiten Stock habe sie "auf ihrem eigenen Bett liegend ihre Tochter Chiara gefunden". Das Kind habe kein Lebenszeichen mehr gezeigt. Im unteren Stockwerk, auf dem Boden in Chiaras Zimmer habe sie dann Sharon entdeckt.
Über einen nicht-öffentlichen Eingang wurde die Mutter in den Gerichtssaal geführt, den schon morgens Schaulustige belagerten. Der vom Gericht bestellte Psychologe Günther Lauber sagte am Morgen in seinem Gutachten, eine öffentliche Aussage sei der Mutter nicht zuzumuten. "Die Öffentlichkeit ist für sie ein Teil des Traumas." Eine Vernehmung in Anwesenheit des Angeklagten bedeute ebenfalls mit Sicherheit eine massive Stressbelastung.
Am Nachmittag soll der Lebensgefährte der Mutter in den Zeugenstand treten. Der Zeitpunkt war aber zunächst nicht klar, weil sich die Vernehmung der Mutter hinzog. Er und die Frau litten unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, sagte Lauber. "In diesem Fall kann es sicher keinen Zweifel geben, dass es sich um ein Trauma handelt, und zwar um ein Trauma gigantischen Ausmaßes." Bei dem Lebensgefährten bestehe ebenfalls die Gefahr einer Verschlechterung, wenn er aussagen müsse, während der Angeklagte dabei ist. Eine öffentliche Vernehmung könne er jedoch bewältigen, so der Psychologe.
Der 51-jährige Onkel der Kinder soll den Mordplan geschmiedet haben, als sich die Lage seiner eigenen Familie mit vier Kindern zuspitzte. Er soll seine Schwägerin im Vorfeld gebeten haben, die gemeinsame Eigentumswohnung ganz zu übernehmen und dafür 50.000 Euro zahlen. Doch sie wollte nicht. Daraufhin, so die Anklage, habe der 51-jährige Familienvater den grausamen Entschluss zum Mord gefasst. Er muss sich seit dem 17. Januar wegen Mordes an seinen Nichten verantworten. Der Anklage zufolge wollte der verschuldete Familienvater auch die Mutter - seine Schwägerin - töten, um so an ein Erbe zu kommen.
Am Montag wird der Prozess um den Doppelmord fortgesetzt. AZ/dpa
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