Unterflossing wartet auf die Heilige Maria
In einem kleinen Ort unweit von Altötting soll es am Samstag eine Marienerscheinung geben. Hunderte kamen deshalb schon 2017 nach Unterflossing.
Die heilige Maria riecht nach Rosen - und kommt erneut nach Oberbayern. Am Samstag um 16.30 Uhr soll die Mutter Gottes erscheinen, an der privaten St.-Laurentius-Kapelle in Unterflossing. So jedenfalls kündigt es Otto Masszi an, der die Kapelle vor einigen Jahren gekauft und eigenhändig renoviert hat.
Der Ort mit rund 100 Einwohnern zählt zur Gemeinde Polling im Landkreis Mühldorf am Inn, nicht weit vom Pilgerort Altötting. Schon zwei Mal soll sich die Gottesmutter hier gezeigt haben, zuletzt im September 2017, zur selben Stunde. Hunderte Menschen pilgerten mit einem selbst ernannten sizilianischen Seher namens Salvatore Caputa (73) in den Ort, einige wollen Maria gerochen haben: "Es war dieser Rosenduft unmissverständlich da", sagt Erich Neumann, Vorsitzender des Vereins Förderer und Freunde der St.-Laurentius-Kapelle, der das Treffen organisiert. "Ja, da hat sich was getan. Da ist etwas."
Nun wird die Gottesmutter erneut in Unterflossing erwartet. Zwei Gottesdienste, einer morgens am Vereinssitz im etwa 30 Kilometer entfernten Bodenkirchen, einer nachmittags in Unterflossing, müssen aber wahrscheinlich ohne Priester stattfinden. Das Erzbistum München und Freising hat allen Klerikern die Teilnahme an Gottesdiensten oder Versammlungen in Zusammenhang mit Caputas Auftritten verboten - um nicht den Eindruck zu erwecken, dass es sich um kirchlich anerkannte Vorgänge handele, wie das Erzbistum mitteilte.
Warum soll Maria gerade in Unterflossing erscheinen?
Es gibt durchaus von der Kirche anerkannte Marienerscheinungen: im französischen Lourdes, wo aus dem Jahr 1858 eine Serie von Erscheinungen übermittelt ist, und im portugiesischen Fátima, einem der bedeutendsten katholischen Wallfahrtsorte, wo sich die Mutter Jesu 1917 gezeigt haben soll. Auch wenn diese Erscheinungen anerkannt sind, bedeutet dies nur, dass sie nicht dem Glauben widersprechen.
Warum sollte die heilige Maria nun ausgerechnet in Unterflossing auftauchen? Das Geburtshaus des emeritierten Papstes Benedikt in Marktl ist nur etwa 30 Autokilometer entfernt. Zum Pilgerort Altötting mit seiner berühmten schwarzen Madonna sind es keine 20 Kilometer. Und im nahen Aschau am Inn gingen die Ratzinger-Brüder Joseph und Georg zur Schule. Reicht das, um Maria anzulocken? "Das wären menschliche Interpretationen", meint Neumann.
Masszi sagt, Maria habe eben in Oberbayern erscheinen wollen. Vorher soll sie bei einer Privatkapelle auf dem Grund eines Bauern in Walpertskirchen im Landkreis Erding aufgetaucht sein, auch dort erwartete sie der Italiener Caputa mit seinem Gefolge. Laut Masszi hat er den kurzen Draht zu ihr und reist voraus, wenn sie sich zeigen möchte - Hunderte Pilger mit ihm. Dem Sohn des Bauern platzte schließlich der Kragen - er scheuchte die Gesellschaft vom Hof.
Aus Sicht der Kirche sind die Vorgänge "äußerst fragwürdig"
Er habe gar den Mistwagen in den Weg gestellt, berichtet Masszi entrüstet. "Ein Trauerspiel - man kann nicht der Mutter Gottes das Wasser abgraben." So habe er den Entschluss gefasst, Maria in seine Kapelle einzuladen. Caputa habe dann Marias Zusage überbracht.
Neumann betont allerdings, dass es keine anerkannte Marienerscheinung sei. "Es handelt sich um eine Privatvision des Herrn Caputa, damit wird keiner kirchlichen Entscheidung über Echtheit oder Unechtheit des Phänomens vorgegriffen." Auch früher sei während laufender Visionen nie eine kirchliche Entscheidung getroffen worden.
Dass im Fall Caputas je eine Anerkennung der Kirche erfolgt, ist äußerst unwahrscheinlich. Das Erzbistum erläutert, es habe die Vorgänge unter Zuhilfenahme eines eigens angefertigten Gutachtens des Lehrstuhls für Dogmatik an der Ludwig-Maximilians-Universität München geprüft - und dieses beurteile die sogenannten Erscheinungen "angesichts der Ungereimtheiten, die im Zuge der Ereignisse um Herrn Salvatore Caputa auftauchen" als "äußerst fragwürdig".
Das Gutachten halte es angesichts der "Theatralik" der Inszenierungen und des Inhalts der angeblichen Botschaften für naheliegend, dass Caputa nur öffentliche Anerkennung suche. Es komme damit zum gleichen Schluss wie die italienischen Diözesen Mantova und Bozen-Brixen. Denn Caputa, der seinen Fans zufolge schon als Kind Visionen hatte, ist dort kein Unbekannter. Seit den 1980er Jahren trat er an unterschiedlichen Orten in Italien und später im österreichischen Bad St. Leonhard auf. Das Urteil der Kirchenvertreter blieb, wenngleich meist zurückhaltend formuliert, gleich: Nichts spreche für eine Erscheinung - die Erfahrungen Caputas seien rein subjektiver Natur. (dpa)
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