Eine emotionale Filmreise in die Geschichte von Buttenwiesen
Christoph Komposch ist für den Dokumentarfilm über das jüdische Erbe in Buttenwiesen verantwortlich. Er beschreibt die Entstehung als eine aufregende Berg- und Talfahrt.
"Auf dem Weg zum Lernort – Jüdisches Erbe in Buttenwiesen" - So heißt der Dokumentarfilm, der im Herbst bereits in Dillingen Premiere feierte und nun im Meitinger Cineplex zu sehen ist.
Sie sind der Macher hinter des Filmes, richtig?
Christoph Komposch: Sagen wir mal so: Ich bin der Letzte, der am Film Hand angelegt hat, und trage damit die Verantwortung für das Konzept und den „Final Cut“. Der Film basiert aber auf verschiedenstem Quellenmaterial, welches in Buttenwiesen im Zuge des Themenjahres 2021 gedreht wurde: Veranstaltungen, Live-Streams, Interviews und natürlich zu einem großen Teil aus den Kurzdokus von Daniel Reichenberger und Johannes Haider. Es war also das Engagement von vielen Leuten vor und hinter der Kamera, das diesen Film erst möglich gemacht haben.
Als Regisseure werden neben Ihnen noch Daniel Reichenberger und Johannes Haider aufgeführt. Wie war die Zusammenarbeit?
Komposch: Meine Mitstreiter Daniel Reichenberger und Johannes Haider haben vier Kurzdokus für die Veranstaltungen 2021 produziert. Als Geschichtslehrer und Youtuber haben sie eine super Expertise. Auf ihrem Material basiert der historische Teil des Films. Ich habe ihr Material in der Retrospektive mit dem Material ergänzt, welches wir vor Ort gedreht haben und dann alles neu arrangiert. Die Jungs haben mir dabei alle Freiheiten gelassen und dafür bin ich sehr dankbar. Die Kurzdokus der beiden sind übrigens im Original auf dem Lernort Buttenwiesen Youtube-Kanal und auf ihrem eigenen Kanal „Flossen-TV“ zu finden. Kann ich nur empfehlen.
Der Film war also eine große Zusammenarbeit. Wer hat noch alles mitgewirkt, dass dieses Werk entstehen konnte?
Komposch: Vor allem die Verantwortlichen am Lernort, allen voran Bernhard und Bettina Hof sowie Dr. Johannes Mordstein. Sie sind die Hauptdarsteller des Filmes. Sie haben größtenteils die Texte für das tolle Voice-Over von Katja Schild geschrieben. Und auch die Filmmusik von Yoed Sorek und Peter F. Schneider sollte nicht unerwähnt bleiben. Und nicht zuletzt haben auch die hochkarätigen Interviewpartner wie etwa Professor Benigna Schönhagen, Yoed Sorek, Rabbi Steven Langnas oder Dr. Peter Fassl mit ihren Statements zum tollen Ergebnis beigetragen.
Hauptverantwortlich sind aber Sie für dieses Werk. Haben Sie so etwas schon mal gemacht?
Komposch: Das ist nach der Abenteurer-Doku SUP-LIMIT von 2020 mein zweiter, abendfüllender Kinofilm. Ich produziere zwar schon seit über 15 Jahren „Bewegtbildmaterial“ wie Imagefilme, Musikvideos und Kurzdokus, aber das Kinoformat ist natürlich schon aufgrund der Länge eine andere Hausnummer. Umso mehr freue ich mich, dass man die Bilder nun auf der großen Leinwand sehen kann. Das hat etwas deutlich eindrücklicheres und magischeres wie nur zuhause aus dem Internet zu streamen.
Wie lange hat es gedauert – von Recherche bis Premiere auf der Kinoleinwand?
Komposch: Deutlich über ein halbes Jahr. Von März 2021 - beginnend mit dem Besuch der Staatssekretärin Anna Stolz - bis zum letzten Themensonntag im September haben wir fast alle Veranstaltungen rund um den Lernort filmisch dokumentiert. Die Vorarbeit von Daniel und Johannes aus 2020 noch nicht mal mitgerechnet. Da der Film bereits am 19. Oktober in Dillingen Premiere feierte, war das Editing dann eine Punktlandung nach einigen Wochen mit recht wenig Schlaf.
Das Thema des Filmes ist nicht einfach, viele Schicksale und eine denkwürdige Geschichte stecken dahinter. Wie sind Sie als Filmemacher damit umgegangen?
Komposch: Natürlich ist es eine emotionale Berg- und Talfahrt sich mit dem Thema jüdisches Buttenwiesen zu beschäftigen. Der Schwerpunkt der Arbeit am Lernort liegt auf der 370-jährigen Erfolgsgeschichte des friedlichen Miteinanders von Juden und Christen in Buttenwiesen. Deren jähes Ende mit der Auslöschung der jüdischen Gemeinde im Nationalsozialismus ist dadurch umso tragischer. Dennoch war die Grundstimmung der Akteure und Besucher bei den Veranstaltungen eine positive, und das spiegelt sich auch im Film wieder. Es wurde gemeinsam gesungen, gelacht und diskutiert, wie man das Vorbild des friedlichen und respektvollen Miteinander verschiedener Kulturen auch im Hier und Jetzt umsetzen kann - ohne dabei zu vergessen, welche Folgen es haben kann, wenn dieses Miteinander zerbricht. Das ist heute wichtiger denn je.
Vermutlich gab es jede Menge Film-Material, das es gar nicht in das Endprodukt geschafft hat, oder?
Komposch: Ja, bei der Menge an Material und den vielen Themen und Schwerpunkten der Events vor Ort fiel es mir enorm schwer, zu entscheiden, was es in den Film schafft. Wir hatten sicher über 40 Stunden Rohmaterial. Da muss man leider Prioritäten setzen. Neben dem historischen Background wollte ich vor allem die Menschen zeigen, die sich vor Ort engagieren, und die Eindrücke der Besucher einfangen. Ich hoffe, das ist mir gelungen.
Ein Kinofilm kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld.
Komposch: Das Gesamtprojekt „Lernort Buttenwiesen“ wird gefördert durch das Kultusministerium. Auch der Film ist ein Teil davon. Den Anstoß zur Förderung gab eine gemeinsame Initiative der Freien-Wähler- und CSU-Landtagsfraktionen. Insbesondere Abgeordneter Fabian Mehring hat sich sehr für das Projekt eingesetzt und wird auch in Meitingen am Filmgespräch teilnehmen. Bei aller finanzieller Unterstützung entsteht so ein Film aber nicht ohne massives ehrenamtliches Zusatz-Engagement aller Beteiligter. Dennoch macht es eine Förderung oft überhaupt erst möglich, sowas anzupacken.
Wenn Sie in einem Satz beschreiben müssten, warum es sich lohnt, den Film zu sehen, dann wäre das welcher Satz?
Komposch: Yoed Sorek sagt im Film: „In Buttenwiesen gibt den Wunsch, das etwas bleibt.“ Das ist auch mein Wunsch für den Zuschauer, dass etwas von den Eindrücken, den Emotionen, den Geschichten der Menschen im Film bleibt und wir dadurch dazu lernen - über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander. Das war jetzt mehr als ein Satz :)
Einen Film produzieren und dann selbst im Kino zu sehen – wie fühlt sich das an?
Komposch: Ich bin jedes Mal nervös und suche bei jeder Vorstellung Kleinigkeiten, die man vielleicht hätte besser machen können - und ich finde sie auch (lacht). Dieses Mal habe ich hoffentlich den Abstand, um den Film auch mal einfach zu genießen.
Zur Person: Christoph Komposch lebt in Binswangen und ist Medienproduzent und Creative Director bei creativeJAM in Dillingen
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