
"Gott kann aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen"

Das christliche Wort: Pfarrer Wolfram Andreas Schrimpf denkt über die Ungerechtigkeiten dieser Welt nach und erinnert dabei an Dietrich Bonhoeffer.
„Warum hat die Lea dafür ne Zwei bekommen und ich bekomm nur ne Drei? Das ist ungerecht!“ Unfair behandelt zu werden, ist etwas, das besonders Kinder und Jugendliche auf die Palme bringen kann. Lautstark können sich Kinder darüber beschweren. Wer an einer Schule unterrichtet, der erfährt das tagtäglich. Kinder sind häufig ganz besonders sensibel für Gerechtigkeit. Und wenn man Kinder beobachtet, die Süßigkeiten mit großer Freude gerecht unter Freunden aufteilen, dann kann dieser Gerechtigkeitssinn wirklich etwas Erquickliches haben.
Manchmal ist uns die Frage nach der Gerechtigkeit zu komplex
Je älter wir werden, desto mehr scheinen wir Ungerechtigkeiten einfach hinzunehmen. „Warum bekommt Frau M. als Reinigungskraft für ein Leben voller harter Arbeit nur wenige hundert Euro Rente, während so mancher Aktionär von Rüstungskonzernen bald in Geld schwimmen wird?“ Ungerecht finden wir das noch immer, aber der lautstarke Aufschrei, der bleibt aus. Zu sehr meinen wir manchmal, dass wir uns mit den Ungerechtigkeiten abfinden müssen, zu wenig sehen wir uns in der Lage, als Einzelne etwas ändern zu können. Und manchmal, da ist uns die Frage nach Gerechtigkeit auch zu komplex. Ist es gerecht, einem Land, das überfallen wird, Waffen zu liefern, damit es sich verteidigen kann? Wie ist es aber dann mit der Gerechtigkeit für den Soldaten, der durch diese Waffen stirbt, weil er seine vermeintliche Pflicht erfüllen musste?

Selbst wenn wir Gerechtigkeit anstreben, erreichen wir sie nicht in Vollkommenheit. Und manchmal, das muss man zugeben, ist man einfach zu bequem. Wenn wir für unsere Kinder eine lebenswerte Welt erhalten wollen, dann müssten wir wohl besser heute als morgen unseren Konsum, unsere Heizung und unsere Mobilität extrem herunterfahren. Man könnte verzweifeln. Hoffnung gibt der biblische Wochenspruch für die kommende Woche: „Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“ (Dan 9,18)
"Gott will so viel Widerstandskraft geben, wie wir brauchen"
Fast noch schöner hat das Dietrich Bonhoeffer unter den Eindrücken des NS-Terrors ausgedrückt: „Ich glaube, daß Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, daß Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müßte alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, daß auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und daß es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, daß Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern daß er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“ (DBW Band 8, Seite 30 f)
Wolfram Andreas Schrimpf,
Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Höchstädt
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