Notärzte schlagen Alarm: Versorgung in Schwaben gerade noch gewährleistet
Exklusiv Beim Notarztdienst zeichnen sich in Bayern Engpässe ab, und es könnte noch schlimmer werden. Doch die notwendigen Reformen kommen nicht voran.
Wer einen Notarzt ruft, erwartet schnelle Hilfe. Ob diese Erwartung überall in Bayern auch in Zukunft erfüllt werden kann, ist nach Aussage von Notärzten allerdings zu bezweifeln. Seit Jahren schon warnen sie vor Engpässen bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten. Eine durchgreifende Reform des Notarztdienstes aber lässt auf sich warten. Daran ändert offenbar auch eine vom Innenministerium in Auftrag gegebene Studie nichts, deren Ergebnisse im Detail bisher nur in internen Sitzungen vorgestellt wurden. Thomas Jarausch, Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte und Notärztinnen“, hat einen Verdacht: "In einem Jahr sind Wahlen. Niemand will sich im Moment die Finger verbrennen.“
Die mehr als 300 Seiten starke Studie, die vom Institut für Notfallmedizin des Klinikums der Universität München erarbeitet wurde, liegt unserer Redaktion vor. Sie stellt fest, dass sich Versorgungsdefizite abzeichnen. Es gebe "Probleme bei der Besetzung der Notarztdienste, eine zum Teil deutliche Zunahme der unbesetzten Dienststunden, insbesondere an Notarztstunden im ländlichen Raum, sowie einen Rückgang der Anzahl der am Notarztdienst beteiligten Notärzte.“ Die Studie stützt sich dabei auf Daten, die bis zum Jahr 2019 erhoben wurden.
Zu wenige Notärzte in Bayern: Es gibt kaum noch Nachwuchskräfte
"Inzwischen aber“, so sagt Birgit Baier, die Regionalvertreterin der Notärzte in Schwaben, "ist es noch einmal deutlich kritischer geworden. Es vergeht kein Tag, an dem in Schwaben nicht irgendein Standort unbesetzt ist.“ Aktuell sei die Arbeit noch irgendwie zu bewältigen. "Wir kriegen es gerade noch so hin“, sagt Baier. "In zwei, drei oder vier Jahren aber, wenn die älteren Notärzte ausscheiden, fällt uns das Problem auf die Füße.“
Rund 20 Prozent der Notärzte in Bayern seien über 60 Jahre alt, rund 50 Prozent seien über 50, sagt Jarausch. "Wir brauchen dringend mehr junge Kolleginnen und Kollegen, die in die Notfallmedizin gehen.“ Die Zeiten, in denen ein Landarzt nebenbei noch für Notarzteinsätze zur Verfügung stand, seien vorbei. Die Feststellung von Innenminister Joachim Herrmann (CSU), die Notarztversorgung sei in Bayern flächendeckend sichergestellt, zieht Jarausch für die Gegenwart nicht in Zweifel. Präziser aber müsse es heißen "gerade noch flächendeckend“.
Zahl der Notarzt-Standorte in Bayern soll verringert werden
Baier und Jarausch begrüßen es, dass die Studie erarbeitet wurde, befürchten aber, dass sich so schnell nichts ändern wird. Eine Reform nämlich müsste ihrer Auffassung nach an verschiedenen Stellen ansetzen. Es gehe dabei nicht nur um die immer noch vergleichsweise niedrigen Honorare für Notärzte, sondern um viele andere Dinge: Einzelne Krankenhäuser nehmen zeitweise keine Notfälle mehr auf. Die Zahl der Alarmierungsfälle, in denen es eigentlich gar keinen Notarzt braucht, steigt.
Und ein besonders heikler Punkt ist offenbar der Vorschlag, die Zahl der Notarztstandorte in Bayern von 229 auf 190 zu reduzieren. Laut Studie würde dadurch das System effektiver – bei weitgehend gleichbleibender Versorgungssituation. Überall dort aber, wo ein Standort geschlossen werden sollte, droht Ärger. Das hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt. Und davor, so der Verdacht, schrecke die Politik in Bayern zurück.
Zuständig für eine Reform sind, darauf weist das Innenministerium ausdrücklich hin, die landesweit 26 Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) sowie die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB). Die Mühlen dort aber arbeiten offenbar langsam. Die KVB etwa bittet auf Anfrage um "Verständnis". Sie will sich "zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht äußern.
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Der Freistaat Bayern darf sich mittlerweile rühmen die schlechteste Umsetzung aller Regeln und Gesetzte der Rettungsmedizin sein Eigen zu nennen. Wir haben keinen Notarztmangel, dieser resultiert einzig an dem Festhalten alter Pfründe und der mantraartig in allen Presseorganen wiederholten Angstschürung der schlechten Versorgung, wenn der Notarzt fehlt.
Die Bayerische Landesregierung, hier genau der Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport lehnte im Juli 2022 die Verbesserung der Notfallversorgung ab. Nicht leitliniengerechte Algorithmen, Nichteinhaltung der Fachinformation, Notarztmangel, die Delegationsverweigerung der ÄLRD und arbeitsrechtliche Sanktionen, haben die CSU und die Freie Wähler nicht überzeugen können bzw. wollen. Das Bayerische Innenministerium ignoriert weiterhin die Novellierung des Notfallsanitätergesetzes sowie den Pyramidenprozess, interessiert sich nicht für den Beschluss des höchsten Bayerischen Gerichts und hat ganz aktuell nochmal bekräftigt, dass grundsätzlich zu allen invasiven Maßnahmen der Notarzt nachzufordern ist. Zudem hält das Ministerium an den fehlerhaften 2c-Algorithmen mit all den sich daraus ergebenden Nachteilen für Notfallpatienten fest.
Für den Laien: Das Bundesgesetz, welches über dem der Länder steht, regelt klar die Kompetenz der Notfallsanitäter. Dies bezeichnet die Heilkunde dieser und dem Hinweis den Patient nach der Versorgung einem Arzt zuzuführen. Notfallsanitäter sind Profis der Notfallmedizin, Dreijährig aus- und permanent fortgebildet. Der Notarzt wird für lebensbedrohlich erkrankte oder verletzte Patienten benötigt, dies stellt niemand in Abrede.
Fazit, wir haben in Bayern keinen Notarztmangel sondern einen Mangel an Gesetzteskonformität im Bereich Notfallmedizin und der Umsetzung allgemeingültiger und Bundesgesetzlicher Richtlinien.