Nur in der Christnacht läuten alle Glocken
Die Christuskirche in Donauwörth bekam vor 50 Jahren ein Geläut
Donauwörth Weil die von den NS-Machthabern beschlagnahmten Kirchenglocken in den Nachkriegsjahren wieder ersetzt werden mussten, verzeichneten die Glockengießer in jener Zeit Hochkonjunktur. Einer der meistgefragten Gießer war Friedrich Wilhelm Schilling. Er kam aus der bekannten thüringischen Glockengießerstadt Apolda. 1949 ließ er sich in Heidelberg nieder. In den 22 Jahren, in denen er sein Geschäft betrieb, goss er rund 7500 Glocken in allen möglichen Größen und Tonhöhen. Eine Lieferung mit sechs Glocken für Donauwörth war ebenso dabei wie ein Dreiergeläute zum Export in die philippinische Hauptstadt Manila.
Der bedeutendste Gießer der Nachkriegsjahre
Die Donauwörther Glocken waren für die neue evangelische Kirche bestimmt. Schilling, der 1971 56-jährig starb, gilt in der Fachwelt als bedeutendster Glockengießer der Nachkriegsjahre. Die Disposition für sein Donauwörther Werk stammt von Oberkirchenrat Johann G. Mehl aus Appetshofen. In einem Beitrag der Donauwörther Zeitung vom 24. Dezember 1964, in dem die Geläute der Donauwörther Kirchen beschrieben werden, finden die gerade zwei Jahre alten Schilling-Glocken auch beim Berger glockensachverständigen Pfarrer Karl Gloning hohe Anerkennung. Von „erfreulicher Klangspitze, Harmonie und Qualität“ ist dabei die Rede.
Die Lieferung der Glocken 1962 erfolgte allerdings in zwei Schüben. Die beiden kleinsten Glocken waren wohl im Ton rein, wie die Prüfung ergab. Das Design aber erschien dem Gießer nicht ausreichend gelungen, sodass er sie auf eigene Rechnung ein zweites Mal goss.
Die Weihe der vier zuerst gelieferten Glocken fand am 12. Mai 1962 statt, während die Nachzügler am 8. Oktober geweiht wurden.
Das Fundament des Geläuts bildet die 1900 Kilogramm schwere Christusglocke mit dem Schlagton cis’. Ihre Inschrift lautet: DU KÖNIG DER EHREN JESU CHRIST + KOMM MIT DEINEM FRIEDEN und ICH BIN DIE AUFERSTEHUNG UND DAS LEBEN + JOH 11/25.
An zweiter Stelle rangiert die Friedensglocke, welche auf den Ton fis’ gestimmt ist und 650 Kilogramm wiegt. BEKÜMMERT EUCH NICHT / DIE FREUDE AM HERRN IST EURE STÄRKE, NEH 8/10 und FRIEDE SEI IM HIMMEL UND EHRE IN DER HÖHE LUK 19/38 lautet hier die Widmung.
Platz drei nimmt die in gis’ tönende Dankglocke ein. Sie bringt 450 Kilogramm auf die Waage. Hier mahnt die Aufschrift: SAGET DANK ALLEZEIT FÜR ALLES DEM VATER UNSERES HERRN JESU CHRIST EPH 5/20.
Die vierte Stelle im Glockenchor belegt mit 360 Kilogramm die Vaterunser-Glocke, klingend in ais’. Ihr Name rührt von den Anfangsworten dieses Gebetes her: VATER UNSER DER DU BIST IM HIMMEL / GEHEILIGT WERDE DEIN NAME. Ihre weitere Inschrift ruft gleichfalls zum Beten auf: WIR ABER WOLLEN ANHALTEN AM GEBET APG 6/4.
Eine Oktave höher als die Fundamentglocke erklingt die Taufglocke, nämlich in cis’’. Ihr Gewicht beträgt 230 Kilogramm, die Aufschrift lautet: WER DA GLAUBET UND GETAUFT WIRD / DER WIRD SELIG WERDEN MARK 16/16 und ER RUFET SIE ALLE MIT NAMEN JES 40/26.
Ein Gesamtgewicht von 3750 Kilogramm
Mit 160 Kilogramm ist die Kindergottesdienst-Glocke die kleinste im Plenum. Ihre eherne Stimme, in dis’’ erschallend, soll mit dem Psalmisten auch das verkünden, was sie als Widmung trägt: SEIN LOB SOLL IMMERDAR IN MEINEM MUNDE SEIN PS 3/6.
Das sechsstimmige Vollgeläute mit einem Gewicht von 3750 Kilogramm ist nur in der Christnacht zu hören.
Die Diskussion ist geschlossen.