Milchpreis unter Druck
Die Erzeuger sind über die jüngste Entwicklung nicht glücklich. Und jetzt kommt im kommenden Jahr auch noch eine weitere Lockerung des Marktes.
Donauwörth Manchmal würde Alfons Lechner wahrscheinlich gern in eine Kugel blicken, die ihm die Zukunft voraussagt. Nur zu gern würde der Milchbauer aus dem Monheimer Stadtteil Warching erfahren, ob der Milchpreis steigt. In den letzten Wochen ist dieser nämlich unter Druck geraten, was den Vorsitzenden der Milcherzeugergemeinschaft Jura verunsichert hat.
„Man weiß nicht mehr, in welche Richtung die Landwirtschaft geht“, sagt ein Landwirt bei einer Versammlung. Mit Prognosen auch sehr vorsichtig ist Karl Wiedenmann, der Kreisvorsitzende des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). „Die Preise sinken auf breiter Front, nicht nur bei der Milch“, sagt er. Dass die Aussichten für die Milchbauern in den kommenden Monaten „nicht gerade rosig“ sind, weiß auch Wiedenmann, doch er will „den Milchpreis nicht in die Krise reden“. In Panik jedenfalls wolle man nicht verfallen.
Alfons Lechner setzt fast ausschließlich auf Milchkühe. Er betreibt zwar auch noch eine kleine Biogasanlage, doch die Existenz seiner Familie hängt vom Milchpreis ab. „Hoffnung“ ist sein Prinzip, „dass es nur eine kurzfristige Delle ist.“ Man müsse da durch, notfalls sogar den Gürtel enger schnallen, wenn die Verluste größer werden.
Im kommenden Jahr wird zum 1. April die Milchquote abgeschafft, der europäische Milchmarkt liberalisiert. Vorteil dieser Entscheidung, so die Befürworter, sei ein freier Wettbewerb, der Verbraucher müsse weniger für seine Milch zahlen. Ob sich die Lage der Milchbauern dann weiter verschlechtert, bleibt abzuwarten. Derzeit verhandeln die Bauern mit den Molkereien über die Preise für die nächsten drei bis sechs Monate. Welcher Milchpreis letztendlich dabei erzielt werde, vermögen weder Lechner noch Wiedenmann zu prognostizieren.
„In Bayern zahlen wir noch relativ gute Preise“, sagt Christian Schramm, der Leiter des Milcheinkaufs bei der Molkerei Zott in Mertingen. Schramm kauft Milch für sechs Werke in Europa ein. Dass der Milchpreis gesunken sei, führt auch er auf mehrere Faktoren zurück. Einer davon sei das Russland-Embargo: „Das spüre ich besonders in Polen. Dort sind die Preise tiefer als bei uns im Keller“, meint Christian Schramm.
Darüber hinaus sei die Milchproduktion in Europa im laufenden Jahr deutlich gestiegen und durch die Rekord-Milchleistungen in den USA und vor allem Neuseeland sowie einer verhalteneren Nachfrage auf dem Weltmarkt sei der Erzeugepreis ebenfalls in Talfahrt geraten.
Mittel- und langfristig ist BBV-Kreisvorsitzender Karl Wiedenmann optimistisch. Er erwartet steigende Weltmarktpreise, was auch auf die regionalen Milchproduzenten durchschlagen werde und wieder zu mehr Sicherheit führen wird. Bezüglich eines kostendeckenden Milchpreises sei keine Pauschalaussage möglich, sagen die Experten, da es große regionale standort- und betriebsindividuelle Unterschiede bei den Produzenten gebe.
Christian Schramm verdeutlicht, dass von der erzeugten Gesamtmenge Milch in der Europäischen Union „rund 37 Prozent vom Handel, 15 Prozent von der Industrie und 48 Prozent für den Export benötigt werden“.
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