Nach 62 Jahren ein Fliegerdrama aus dem 2. Weltkrieg ans Tageslicht geholt
Die Reste eines im Zweiten Weltkrieg abgestürzten Militärflugzeuges sind kürzlich im Nordries ausgegraben worden. Sie lagen 62 Jahre in einigen Metern Tiefe unter einem Acker bei Herblingen verstreut. Insgesamt holte die "Arbeitsgruppe Vermisstenforschung" mit Genehmigung der Bonner Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zusammen rund zwei Tonnen schwere, meist metallische Fundstücke aus dem Hang.
Mit Einverständnis von Ackerbesitzer Michael Brandner aus Ehingen war schon in den frühen Morgenstunden mit der Grabungsaktion begonnen worden. Mitglieder der Herblinger Feuerwehr und des Kriegervereins unterstützten die Arbeiten durch Absperr- und Versorgungsdienste. Bald fanden sich Schaulustige und Zeitzeugen ein, die mit den Suchtrupps Erfahrungen und Erlebnisse austauschten.
Teilweise noch mit dem grünen Tarnanstrich
Günter Naschwitz aus dem fränkischen Döckingen grub mit einem Bagger der Ehinger Firma Schneller zehn Stunden lang bis in fünf Meter Tiefe. Fand er wieder ein Teil, hupte er, und dann sicherten Mitglieder der Arbeitsgruppe Aluminiumteile, die teilweise noch einen grünen Tarnanstrich hatten, aber auch Größeres wie Teile der Turbine, der Bordkanone, des Fahrgestells, der Reifen, der Panzerung oder den mehrlagigen Kunststofftank.
Zudem fanden sich ein paar Fetzen von Kleidungsstücken und Fallschirm und am Ende auch einige sterbliche Überreste des Piloten Wolfgang Severin.
Beisetzung auf dem Treuchtlinger Soldatenfriedhof
Pfarrer Henkel segnete diese vor Ort; ihre endgültige Ruhestätte werden die Knochensegmente wohl auf dem Treuchtlinger Soldatenfriedhof finden. Zur Bergung war auch die 83 Jahre alte Elfriede Dorge mit dem Auto aus Regensburg angereist; sie konnte nun endgültig Abschied von dem Freund nehmen, der seit den letzten Kriegstagen 1945 zunächst als vermisst galt und mit nur 27 sein Leben verlor. Auf Befehl von Generalleutnant Adolf Galland war am 8. April 1945 um 15 Uhr ein Verband deutscher Jäger von München-Riem ins Ries geflogen, um alliierte Bomber, die an diesem Tag auch Nördlingen angriffen, zu attackieren.
Dabei wurde Wolfgang Severin nach Aussagen eines Kriegskameraden gegen 15.30 Uhr durch mehrere feindliche Jäger von der Staffel abgedrängt. Augenzeugen aus Heuberg und Herblingen berichteten später, dass die deutsche "Me 262" getroffen wurde und steil mit einem lauten Knall aufschlug.
Ein Augenzeuge aus Utzwingen schrieb im Dezember 1945 an die Mutter von Severin: "An der Unfallstelle sah es furchtbar aus, an einem Hügel war ein großes Loch und in einem Umkreis von 500 Meter das Flugzeug in nicht mehr erkennbare Stücke zerstreut. Zwei Tage qualmten die Reste weiter, größere Teile wurden weggebracht, danach der Trichter verfüllt."
Einige wenige gefundene Überreste des Toten, wie Finger und ein Teil des Oberarms, setzte man damals auf dem Herblinger Friedhof bei und auch ein Grabstein stand dort lange für den Piloten. Identifizieren konnte man ihn anhand eines ebenfalls am Unglücksort gefundenen Soldbuches.
Einige Teile bleiben in Herblingen
Die Herblinger Fundstücke werden nun erst einmal in dem 200 Einwohner kleinen Dorf zwischengelagert. In einigen Wochen wollen die Ausgräber dann darüber auch eine Ausstellung präsentieren.
"Einige Teile werden sicherlich zur Erinnerung in Herblingen verbleiben", sagte Uwe Benkel von der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung und Leiter der Ausgrabungsaktion.
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