I want to run: In 64 Tagen durch Europa
Michael Hasenberg drehte eine Dokumentation über Extremläufer, die von Italien bis Norwegen den Kontinent in 64 Tagen durchqueren - zu Fuß.
Für viele sportliche Zeitgenossen ist der Marathonlauf mit einer zu überwindenden Distanz von etwas mehr als 42 Kilometern die Königsdisziplin. Die Protagonisten des Dokumentarfilms „I want to run“ können darüber nur lachen. An manchen Tagen laufen sie doppelt so weit.
Sie durchqueren an 64 Tagen ganz Europa, 4500 Kilometer ohne einen Tag Pause, sie traben im Schnitt also 70 Kilometer in 24 Stunden durch die Gegend. 2009 beginnt dieses Rennen im süditalienischen Bari und führt nach Norwegen bis ans Nordkap. Wer sind diese Menschen, die sich so etwas antun?
Laufen gegen die Krankheit
Ein Profiläufer ist mit am Start, aber auch ein Optiker, eine wissenschaftliche Angestellte, ein Lagerist, ein Friseur. Insgesamt gehen etwa 65 Teilnehmer an den Start, Männer und Frauen, Deutsche, Franzosen, Schweden, Japaner. Sie alle haben ihren ganz eigenen Beweggrund, um am härtesten Rennen der Welt teilzunehmen.
Der 58-jährige Achim Heukemes hat seinen kaufmännischen Beruf gegen eine Laufbahn als Profiläufer getauscht. Da ist er wenigstens an der frischen Luft. Joachim Hauser hingegen leidet an Multipler Sklerose; er läuft gegen seine Erkrankung an. Bei vielen anderen Athleten bleibt die Motivation im Unklaren. Vielleicht laufen sie vor persönlichen Problemen davon. Hier geht's zum Trailer
Zieleinlauf, von eisiger Kälte und orkanartigen Böen begleitet
Regisseur Achim Michael Hasenberg hat das Feld der Läufer begleitet und dabei den Ehrgeiz, den Schmerz und die Verzweiflung eingefangen, die mit dem Kontinentallauf zwangsläufig einhergehen. In Interviews erweist sich der erfahrene Läufer Heukemes als besonders eloquent. Auch er bekommt Probleme. Aber wenn er nach dem geleisteten Tagespensum befragt wird, wirkt er so, als hätte er zwei Stunden leichter Gartenarbeit hinter sich.
Jeder einzelne dieser Sportler ist eine Ausnahmeerscheinung. Es sind Getriebene, die unbezahlten Urlaub nehmen, um sich tagsüber auf Bundesstraßen mit Lkw-Verkehr zu quälen und anschließend auf dem blanken Boden muffiger Turnhallen zu übernachten. Keiner läuft ohne Schmerzen. Der Zieleinlauf, von eisiger Kälte und orkanartigen Böen begleitet, ist einsam. Der Ruhm hält sich in Grenzen.
Strapazen, von komfortabler Warte aus gesehen
Natürlich ringt eine solche sportliche Leistung dem Zuschauer Respekt ab, aber er macht sich auch Sorgen. Es kann unmöglich gesund sein, seinen Körper solchen Strapazen auszusetzen. Das Rennen vom bequemen Kinosessel aus zu verfolgen, ist allerdings ein völlig ungefährliches, Respekt einflößendes Vergnügen. AZ
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