Spektakuläre Bilder: "Im Schatten des Mondes"
Hamburg (dpa) Sie waren nüchterne Testpiloten und gedrillte Astronauten, intensiv und akribisch auf die Apollo-Missionen vorbereitet, um den Mond zu erkunden.
Doch viele von ihnen waren vor allem fasziniert und überwältigt vom Blick zurück auf die Erde, die aus ihrer Perspektive wie ein kostbares Juwel in der Schwärze des Weltalls schimmerte. Heute sind die Pioniere von damals alte Männer, die von ihrer triumphalen Reise zum Mond so lebendig erzählen, als ob ihr waghalsiges Abenteuer gestern gewesen wäre. Zehn Apollo-Astronauten kommen "Im Schatten des Mondes" zu Wort, der Dokumentarfilm setzt ihnen mit spektakulären Bildern und beeindruckenden Interviews ein Denkmal.
Der Regisseur David Sington, der unter anderem für die BBC mehrere Dokumentarfilme drehte, hat tausende Filmrollen in den Archiven der US-Weltraumbehörde NASA gesichtet Originalaufnahmen, die die Astronauten im All und auf dem Mond gemacht haben. Einiges davon kommt nun zum ersten Mal auf die Kinoleinwand. Fehlgeschlagene Raketentests werden gezeigt; Zeitlupenbilder des Starts von Apollo 11 und dem "Höllenritt" auf der Trägerrakete Saturn nehmen den Zuschauer mit auf die Reise; Nahaufnahmen des Mondes und seiner Krater sind zu sehen, außerdem hüpfende Astronauten, die Steine sammeln; die Kamera wirft Blicke ins Innere der Apollo-Kapsel und immer wieder richtet sie sich auf die Erde, die durchschnittlich etwa 384 000 Kilometer vom Mond entfernt ist.
Michael Collins, der im Mutterschiff von Apollo 11 auf einer Umlaufbahn kreiste, während Neil Armstrong und Edwin "Buzz" Aldrin am 21. Juli 1969 als erste Menschen den Mond betraten, beschreibt den Blick zurück: "Die Erde sah so friedlich und ruhig und heiter aus und gleichzeitig furchtbar zerbrechlich. Es war seltsam, aber mein erster Gedanke bei ihrem Anblick war: Mein Gott, ist das kleine Ding da draußen zerbrechlich." Den Mond beschreibt Collins als einen "unheimlichen Ort". Charles Duke (Apollo 16), der etwa 71 Stunden auf dessen Oberfläche verbrachte, spricht von einem "Gefühl der Ehrfurcht" und von einer "unberührten Wüste". Eugene Cernan, 1972 mit Apollo 17 letzter Mann auf dem Mond, schwärmt davon, wie aus dem All der gesamte Erdball zu sehen war. Edgar Mitchell (Apollo 14) ist sich sicher, dass der Rückflug zur Erde "das Schönste" war.
Die unterschiedlichen Charaktere der Astronauten werden deutlich, sie erinnern sich mit Witz und auch Ironie und geben dem Film eine persönliche Nöte. Zwischen 1969 und 1972 betraten zwölf Amerikaner den Mond, nach ihnen war kein Mensch mehr auf einem anderen Planeten. Die erste erfolgreiche Mondmission Apollo 11 steht im Mittelpunkt der Dokumentation.
Ein Manko ist, dass Sington den öffentlichkeitsscheuen Neil Armstrong ("Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit") nicht zu einem Interview überreden konnte. Von dem ersten Mann auf dem Mond gibt es nur Historisches zu sehen und zu hören. Aldrin, der 19 Minuten nach Armstrong seinen Fuß auf den Erdtrabanten setzte, hatte lange nicht verwunden, nur Zweiter gewesen zu sein. In dem Film zollt er Armstrong Respekt. Duke bezeichnet ihn gar als "Mr. Obercool", den auch die heikle und gefährliche Landung mit der Mondfähre "Eagle" nicht aus der Ruhe brachte.
Gekonnt verknüpft Sington die Ereignisse im All mit Bildern aus den sechziger und siebziger Jahren, die den historischen Hintergrund der Apollo-Missionen beleuchten. Es war US-Präsident John F. Kennedy, der 1961 das Ziel vorgab, bis zum Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond zu bringen und ihn unbeschadet wieder zurückzuholen. Es ging darum, im vom Kalten Krieg geprägten Weltraum-Rennen die vorne liegende Sowjetunion zu besiegen. Aufnahmen vom Vietnamkrieg, von der Bürgerrechtsbewegung und von Flower Power geben die Atmosphäre der Zeit wieder. Hunderte Millionen weltweit verfolgten die Mondlandung im Fernsehen, ein Triumph, der die Menschheit zumindest kurzfristig verband, wie Collins es ausdrückt.
"Im Schatten des Mondes" bezieht seine Spannung aus den Originalaufnahmen und der "wahren Geschichte". Zum Schluss macht Sington noch einen kleinen eleganten Schlenker zu den immer wieder auftauchenden Theorien, die Landungen auf dem Mond hätten nie stattgefunden und seien gefälscht. Der Film verdeutlicht auf beeindruckende Weise, wie riskant und lebensgefährlich die Reise ins All war. So gut wie keine Rolle spielt dagegen, welche wissenschaftlichen Nutzen die Apollo-Missionen hatten. Die Botschaft vieler Astronauten fasst James Lovell (Apollo 8 und 13) zusammen: "Wir haben sehr viel über den Mond gelernt, aber viel mehr noch über die Erde."
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