Der Kissinger Tierschutzverein sucht dringend Pflegestellen
Die Ehrenamtlichen des Kissinger Tierschutzvereins vermitteln Straßenhunde vom bosnischen Partnerverein Sapa Zenica. Aktuell stehen sie vor einer besonderen Notlage.
Immer wenn jemand der eineinhalbjährigen Hündin Medica durch ihr wuscheliges beiges Fell streichelt, wedelt sie heiter mit dem Schwanz. Obwohl sie in Bosnien auf der Straße lebte, ist sie menschenbezogen und über jede freundliche Geste glücklich. Diese Zutraulichkeit wurde ihr im Januar zum Verhängnis. Irgendjemand schlitzte ihr mit dem Messer mehrmals den Bauch auf und ließ sie sterbend auf der Straße zurück. Sie hatte Glück und mehrere Schutzengel – nämlich die Tierschützer und Tierschützerinnen des bosnischen Vereins Sapa Zenica und des Kissinger Partnervereins Franz von Assisi. Doch jetzt stehen die Helfer vor einer schlimmen Notlage. Eine Hundepension in Bosnien, die rund 80 solcher geretteten Tiere versorgte, ist plötzlich ausgefallen.
Hinter jedem Hund verbirgt sich ein Schicksal, wie bei der schwerverletzten Medica. Sie wurde in einer Tierklinik in Sarajevo operiert. Und als sich die tiefen, bis zum Darm reichenden Stichwunden entzündeten, kam sie noch ein zweites Mal auf den OP-Tisch. „Trotz dieses Schicksals ist sie immer noch lieb zu Menschen“, sagt Karina Schnell. Die Vorsitzende des Tierschutzvereins Franz von Assisi war im Januar zufälligerweise bei Sapa Zenica vor Ort und hat alles miterlebt.
Tierschutzverein Kissing hilft misshandelten und ausgesetzten Hunden in Bosnien
Mit solchen Fälle von schwer misshandelten und ausgesetzten Hunden werden die beiden Vereine oft konfrontiert. Auch Angelika Treske, die zweite Vorsitzende des Vereins, hat schon viel Schlimmes gesehen: „In Bosnien werden den Tieren schon mal die Pfoten abgehackt, man erhängt sie oder die Welpen werden als Fußball missbraucht.“ Die Kissinger haben es sich auf die Fahne geschrieben, den Fellnasen von Sapa Zenica zu helfen. Sie holen diese nach Deutschland in Pflegestellen und vermitteln sie dann weiter.
Dafür werden die Tierschützer immer wieder heftig kritisiert. „Wenn man sich die Bedingungen anschaut, unter denen die Tiere in Bosnien leben müssen und wie sie hier in Deutschland untergebracht sind – ist das ein riesiger Unterschied. Ein Hund kann doch nichts dafür, wo er geboren wird. Ich finde, man sollte helfen, wenn man die Möglichkeit hat“, argumentiert Karina Schnell.
Derzeit warten rund 300 Hunde bei Sapa Zenica auf ein Zuhause. In den vergangenen vier Jahren hat Franz von Assisi rund 600 vermittelt. „Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein“, räumt Karina Schnell ein. Sie fährt regelmäßig zum Partnerverein vor Ort, um Hunde auszuwählen, die nach Deutschland dürfen. „Wir versuchen immer, eine Mischung mitzubringen. Zu einem großen Teil Welpen und junge Hunde, aber auch ältere und misshandelte Tiere wie Medica.“
Die Tierheime sind nach Corona besonders voll
Chancen auf das Ticket nach Deutschland haben jedoch nur menschenfreundliche Vierbeiner ohne Verhaltensstörung. Selbst für diese Geschöpfe ein Zuhause zu finden war noch nie einfach, derzeit sei es aber besonders schwierig, sagt Angelika Treske. Denn die Heime seien gerade voll mit unvermittelbaren Vierbeinern. Das liege unter anderem daran, dass viele im Tierschutz und auch Züchter nicht seriös arbeiten. Oft werden Hunde an Menschen vermittelt, die schnell überfordert sind. Viele hätten sich zu Coronazeiten einen süßen Welpen angeschafft und ihn dann nicht erzogen. Spätestens nach einem Jahr wird er dann ins Tierheim abgeschoben.
Bei Franz von Assisi schaue man genau hin, wer ein Tier bekommt. Gerade bei lebhaften Hunden achte man darauf, dass Interessenten mit diesen ein paar Mal spazieren gehen, bevor sie in ihrem neuen Zuhause einziehen dürfen. Franz von Assisi betont, dass man auch gerne an ältere Menschen und Tierfreunde ohne eigenen Garten vermittle.
450 Euro Vermittlungsgebühr verlangt der Verein dafür. Davon bezahlen die Tierschützer und Tierschützerinnen die Transportgebühr von 180 Euro sowie die Tierarztkosten für Kastration, Impfung etc. Der Rest des Geldes geht in die Vereinsarbeit. Ein wenig Geld spülen auch noch die Beiträge der rund 100 Mitglieder in die Kasse. Aktiv im Verein engagieren sich derzeit jedoch nur fünf bis sechs Leute.
Hundepension hat 80 Tiere versorgt und muss jetzt plötzlich schließen
Deshalb werden helfende Hände dringend gesucht, egal ob man administrativen Papierkram erledigen, sich um die Internetseite und Social Media kümmern oder Tierarztgänge und Vorkontrollen übernehmen möchte. Am dringendsten werden aber Pflegestellen gesucht. Derzeit so dringend wie noch nie, denn die Besitzerin einer Hundepension von Sapa Zenica, die liebevoll über 80 Hunde versorgt hat, ist schwer erkrankt. Nun ist die Situation ungewiss, keiner weiß, wohin mit den Tieren.
„Ohne Pflegestellen können wir nicht arbeiten und nicht überleben“, hebt Karina Schnell hervor. Sie selbst hat etwa Medica bei sich zur Pflege aufgenommen. Die musste gerade eine dritte OP über sich ergehen lassen. Immer noch versorgt die Vereinsvorsitzende täglich die Wunden der Hündin, wofür ihr diese mit vielen Liebesbekundungen dankt. Aber irgendwann, da ist sich die Vorsitzende sicher, wird das freundliche Tier ein glückliches Zuhause finden.
Kontakt Karina Schnell, Tel. 0152/01374894, Mail: anfrage@tierschutzverein-franzvonassisi.de
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