"Ich setze mich gerne für andere ein"
Vor lauter Freude über seinen 91. Geburtstag erlitt Marian Werner einen Schlaganfall. Von einem Tag auf den anderen wurde er bettlägerig, sein Sohn musste sich um ihn und seine Mutter sorgen. Von Nadja Aswad
Aichach-Friedberg Vor lauter Freude über seinen 91. Geburtstag erlitt Marian Werner* einen Schlaganfall. Von einem Tag auf den anderen wurde er bettlägerig, konnte sich nicht mehr um seine demenzkranke Frau Helga kümmern. Plötzlich sah sich der gemeinsame Sohn Martin in der Pflicht und musste für seine Eltern sorgen.
Amtsgeschäfte, Geldangelegenheiten, den Umzug in eine betreute Wohneinrichtung - alles hat Martin Werner für seine Eltern organisiert. Leicht war diese neue Aufgabe nicht. "Meine Mutter ist ständig hinausgelaufen und wollte nach den Hühnern sehen, die wir gar nicht haben. Manchmal hat sie mich überhaupt nicht erkannt, aber andere, längst verstorbene Menschen gesehen", schildert er. Fünf Jahre lang haben sich Werner und seine Frau um seine Eltern gekümmert. Tagsüber, und am Ende auch nachts. "Irgendwann hatten wir einfach keine Kraft mehr, die beiden zu betreuen. Der Umzug in ein Heim war die beste Lösung", sagt Werner.
Durch die Betreuung seiner Eltern wuchs in ihm der Wunsch, anderen Menschen zu helfen. "Die Pflege hat mir trotz aller Probleme auch Freude bereitet, und ich hatte ganz stark das Gefühl, etwas Gutes zu tun", erläutert Werner. Über das Landratsamt kam er auf die Idee, ehrenamtlich fremden Menschen zu helfen. Er nahm an einem Schulungsprogramm für Betreuer teil, besuchte Kurse zum Thema Alter und Krankheit. Innerhalb eines halben Jahres wurde ihm sein erster "Schützling", Herbert, vorgestellt. "Der hatte zwar noch Angehörige, die sich um ihn hätten kümmern können - aber es gab ständig Streit ums Geld", so Werner. Er begleitete Herbert zum Einkaufen, ging mit ihm zum Arzt und traf sich auch sonst mit dem älteren Herrn. Als Herbert nach einem Jahr starb, endete die Betreuung. "Das ist ganz normal und auch vom Amt so gewünscht. Was danach passiert, regelt die Familie des Betreuten."
Manchmal ist es nervig
Nach Herberts Tod musste Werner nicht lange überlegen, ob er weiterhin ehrenamtlich tätig sein wollte. Derzeit betreut er einen Rollstuhlfahrer, der in einer Einrichtung im nördlichen Landkreis lebt. "Wir treffen uns meist zweimal pro Woche und gehen spazieren oder auch Eis essen. Oft müssen aber auch Geschäfte erledigt und Briefe geschrieben werden", schildert Werner. So habe er beispielsweise drei Mal bei der Krankenkasse des Betreuten Widerspruch einlegen müssen, bis sein Schützling einen neuen Rollstuhl-Bezug bekommen habe. "Manchmal ist es nervig, dass man sich bei allen Ämtern durchbeißen muss", sagt Werner, "aber ich setze mich gern für Andere ein."
* Alle Namen von Betroffenen wurden von der Redaktion geändert.
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