Sie schickt der Himmel
In Ichenhausen wird bei der 72-Stunden-Aktion des BDKJ eine Kapelle „aufgemöbelt“
Ichenhausen Hermann Hoffmann überlegt: „Ja, wie soll man das nennen: aufmöbeln vielleicht“, schlägt der Jugendleiter der Kolpingfamilie vor. Man solle bloß nichts von einer Renovierung schreiben, sonst bekomme man sofort Ärger mit Denkmalschützern, sagt Hoffmann heiter. Stadtpfarrer Pater Jonas Schreyer und Jugendpfarrer Martin Gall nicken. Es ist ja auch keine Renovierung.
Hier haben Jugendliche die Willibalds-Kapelle in der Günzburger Straße von Donnerstagabend bis Sonntagabend auf Vordermann gebracht. Das vermutlich älteste Gebäude der Stadt, schätzt Kirchenpfleger Vitus Madel. Ein Gotteshaus, das in seiner jetzigen Form nach dem Dreißigjährigen Krieg gebaut wurde und in dem das Wappen der ehemaligen Ortsherren vom Stain zu sehen ist, sagt Stadtarchivarin Claudia Madel-Böhringer. Eine Kirche, die mit ihrem Hauptaltar aus dem 19. Jahrhundert auch einen kunsthistorischen Wert besitzt, fügt Pater Schreyer an.
Die Honoratioren stehen im Gang der Kapelle. Um sie herum wuselt ein halbes Dutzend Jugendlicher und streicht die alten Kirchenbänke und die Eingangstür mit Holzlasur. „Eine so dicke Schicht aus Staub und Spinnweben lag hinter den Kreuzwegstationen“, sagt Kirchenpfleger Madel und spreizt die Finger: fast fünf Zentimeter also. Nun stehen die abgestaubten Gemälde mit dem Kreuzweg Jesu draußen vor der Kapelle.
Die Aktion fand bundesweit statt
Drinnen fand schließlich seit etwa 30 Jahren nur noch ein Gottesdienst pro Jahr statt, zum Fest des heiligen Willibald. Pater Schreyer fand das etwas schade. Er hatte die Idee, dass in der Kapelle künftig kleinere Beerdigungsgottesdienste stattfinden könnten, die dann auch einen feierlichen Rahmen hätten.
Die 72-Stunden-Aktion des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) kam dabei gerade recht. Unter dem Motto „Uns schickt der Himmel“ sollten sich hier bundesweit Kinder und Jugendliche für soziale, ökologische und interkulturelle Projekte engagieren und ein Zeichen für Solidarität setzen.
In den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm beteiligten sich immerhin 13 Jugendgruppen an der Aktion, die 72 Stunden dauern sollte. Die Instandsetzung einer Kapelle sei hierbei auf jeden Fall eine Besonderheit, sagt Jugendpfarrer Martin Gall. Denn allein die unentgeltlichen Grundreinigungsarbeiten der Jugendlichen und der neue Altar, in den Schreiner Hermann Guggenmos eine historische Kommunionbank eingearbeitet hat, würden etwa 12000 Euro kosten, schätzt Kirchenpfleger Madel – Geld, das die Diözese Augsburg für Fachkräfte wohl nicht investiert hätte. Daher ist auch Hermann Hoffmann von der Kolpingfamilie bereits am Freitagnachmittag zufrieden.
Eine solche Aktion habe für die Kolpingfamilie Ichenhausen, der 35 Jugendliche und insgesamt 130 Mitglieder angehören, eine nachhaltige Wirkung auf den Zusammenhalt, glaubt Hoffmann. Am Donnerstagabend habe man den Jugendlichen das Projekt vorgestellt, es sollte eine Überraschung sein. Am gleichen Abend begannen die Reinigungsarbeiten. Am Freitagnachmittag schliffen die beiden Jugendgruppenleiter Felix Hornung und Thomas Jordan im Steinmetzbetrieb von Robert Wiedemann, der nur einen Steinwurf von der Kapelle entfernt ist, Marmorsteine ab. Sie sollen später als Sockel für den Altar dienen.
Am 7. Juli wird die Kapelle mit einem Gottesdienst eröffnet
Fabio Dolze, Nick Unger, Jannik Guggenmos und Heiko Madel, alle zwischen 14 und 15 Jahre alt, haben ihre Pinsel für einen Moment zur Seite gelegt und machen einen Moment Pause. Sie tragen die T-Shirts der Aktion des BDKJ. Jannik Guggenmos sagt: „Ich finde es cool, wenn wir später im Alter von 70 Jahren sagen können: Das haben wir gemacht.“
Am Sonntagabend wollte die Kolpingjugend mit den Arbeiten fertig sein. Am 7. Juli soll der Eröffnungsgottesdienst in der Kapelle stattfinden, den die Kolpingjugend ebenfalls mitgestaltet.
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