Schülerinnen bestimmen ihr Fach selbst
Seit diesem Schuljahr wird dort nach Marchtaler Plan unterrichtet
Günzburg Ein ganz normaler Schultag am Maria-Ward-Gymnasium Günzburg, 8 Uhr morgens. Der Unterricht hat begonnen. Dennoch ist in den 5. Klassen etwas anders. Hier drei Schülerinnen in einer Ecke, die gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten. Eine Schülerin nimmt zielstrebig eine Materialkiste von Mathematik aus dem Regal, sucht sich einen Arbeitsplatz und legt los, während eine andere noch überlegt, ob sie lieber mit Englisch weitermachen soll.
Am Maria-Ward-Gymnasium hat sich seit diesem Schuljahr etwas verändert. „Das Gymnasium hat sich, ganz im Sinne ihrer Gründerin, auf den Weg gemacht und die Weichen für die Zukunft gestellt“, sagt Schulleiterin Monika Weltz. Seit September setzt die Schule in der fünften Jahrgangsstufe beginnend zwei Elemente des Marchtaler Plans um. Dabei handelt es sich um ein schulpädagogisches Konzept, das der christlichen Auffassung vom Mensch-Sein Rechnung trägt und die Schülerinnen zu einem Leben in Verantwortung und Freiheit hinführt. „Wir muten unseren Schülerinnen von der 5. Klasse an einiges zu, wir trauen es ihnen aber auch zu. Die Schülerinnen und die Eltern vertrauen uns und gehen diesen Weg begeistert mit“, berichtet die Oberstudiendirektorin weiter.
Klassenzimmer sind ab 7.15 Uhr geöffnet
Die Freie Stillarbeit steht am Beginn eines jeden Schultages. Die Klassenzimmer sind bereits ab 7.15 Uhr geöffnet. „Es sind nicht wenige Schülerinnen, die die Möglichkeit wahrnehmen und noch vor Unterrichtsbeginn mit der Arbeit anfangen“, erzählt die stellvertretende Schulleiterin Astrid Barnert. Bei der Freien Stillarbeit steht die Individualität der Schülerinnen in der Mitte. Sie planen ihre Arbeit, wählen das Material aus, arbeiten alleine oder mit Partnerin und können auch den Arbeitsplatz in „relativer“ Freiheit wählen. Selbst die Prüfungstermine können frei gewählt werden. „Wir wollten weg vom Frontalunterricht“, so Barnert. So beschäftigten sich die Fünftklässlerinnen von Dienstag bis Freitag jeweils in der ersten Stunde mit Mathematik, Deutsch, Englisch oder Geografie.
„Es handelt sich bei der Freien Stillarbeit um Lernzeiträume, in denen die Schülerinnen eigenständig und selbst organisiert arbeiten. Sie wählen aus einem Materialpool, der von den Lehrkräften zur Verfügung gestellt wird“, sagt Schulleiterin Weltz. Besonders viel Arbeit stecke in der Erstellung der Materialkisten, die einmalig seien. „Manchmal wird das erstellte Material erst einmal von den eigenen Kindern der Lehrkräfte getestet – es soll ja schließlich altersgemäß sein.“ Auch wenn die Mädchen frei sind, mit welchem Stoff sie sich gerade beschäftigen, wird später ihr Wissen überprüft, ergänzt die stellvertretende Schulleiterin Astrid Barnert.
Ein weiteres Element des Marchtaler Plans ist der Morgenkreis. Er eröffnet die Schulwoche und bietet Raum für personale Begegnung und Emotionen. Die Schülerinnen werden am Montagmorgen aus dem Wochenende „abgeholt“, auf die Woche eingestimmt, wie es Barnert formuliert. Die Kinder sollen Gemeinschaft erfahren und gegenseitige Wertschätzung lernen.
Die Entscheidung, sich auf einen neuen Weg zu machen, fiel nach Angaben der Schule mit ihren circa 400 Schülerinnen vor zwei Jahren. Seitdem besuchen Lehrkräfte Fortbildungen in Augsburg, Eichstätt und Obermachtal und halten Kontakt zu anderen Schulen, die bereits nach dem Marchtaler Plan unterrichten. „Ein weiteres Element des Marchtaler Plans, der Vernetzte Unterricht, ist in Vorbereitung, wird zunächst aber noch nicht umgesetzt“, teilt Monika Weltz mit. „Wir bauen im Augenblick an einem stabilen Fundament. Und daran arbeiten die Schülerinnen und die Eltern engagiert mit.“
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