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  3. Erster Weltkrieg: "Keiner der Mächtigen wollte einen großen Krieg"

Erster Weltkrieg
21.07.2014

"Keiner der Mächtigen wollte einen großen Krieg"

Herfried Münkler ist Experte für den Ersten Weltkrieg.
2 Bilder
Herfried Münkler ist Experte für den Ersten Weltkrieg.
Foto: Agt

Der Politologe Herfried Münkler erklärt, was wir aus dem Ersten Weltkrieg lernen können - und wie der Frieden auf dem Balkan heute zu bewahren ist.

Warum entdecken wir gerade den Ersten Weltkrieg neu?

Münkler: Ich glaube, dass 100 Jahre ein guter Abstand sind, um etwas nicht mit einer unmittelbaren emotionalen Betroffenheit zu erinnern. Diejenigen, die diesen Krieg erlebt haben, sind inzwischen alle tot. Das heißt, wir haben die Möglichkeit eines analytischen Blicks darauf. Und komplementär zur Schlachtfeldarchäologie, die es an der Westfront ja immer gegeben hat, gibt es nun auch so etwas wie eine private Erinnerungsarchäologie, die sich auf den Speichern und in den Kellern abspielt. Da finden dann die Leute Bilder, von ihrem Urgroßvater oder Tagebuchaufzeichnungen oder Briefe.

Verbindungen in eine ferne Zeit …

Münkler: Sie muten an wie aus einer anderen Welt. Erstens, weil die häufig in Sütterlin geschrieben sind, zweitens weil es viele Ortsnamen, die vermerkt sind, heute so nicht mehr gibt, jedenfalls wenn sie im Osten waren. Und drittens, weil sie keine Vorstellung von der Bedeutung der Uniformen haben, die die Männer auf den Bildern tragen. Das heißt in der Erinnerungskultur ist so etwas wie eine interpretative Zellophanfolie aufgespannt. Das hat tatsächlich etwas Archäologisches. Man gräbt gewissermaßen etwas aus und es tritt einem als ein Fremdes gegenüber. Für mich als wissenschaftlichen Betrachter spielt auch eine zentrale Rolle, dass man aus dem Ersten Weltkrieg vermutlich sehr viel mehr für unsere heutigen politischen Herausforderungen lernen kann als aus dem Zweiten Weltkrieg.

Stand am Anfang Ihrer Beschäftigung mit dem Thema auch das Biografische?

Münkler: Ich glaube, am Anfang steht das analytische Interesse. Aber als ich mich dann gründlicher eingearbeitet hatte, da erwachten auch die persönlichen Interessen bei mir. Es gab ein ganz spezifisches Trauma in meiner Familie, nämlich das meiner Großmutter, die ihren Verlobten in diesem Krieg verloren hat. Und der ist für sie, obwohl sie dann dessen zehn Jahre jüngeren Bruder geheiratet hat, der auch zehn Jahre jünger war als sie, der Geliebte ihres Lebens geblieben. Kaum war mein Großvater tot, der relativ früh gestorben ist, hat die Oma Luise nur noch vom Onkel Adolf, also von ihrem Verlobten erzählt. Als ich noch einmal darüber reflektiert habe, ist mir schon klar geworden, was das erstens für sie bedeutet hat und zweitens für meinen Großvater, der permanent von seiner älteren Frau mit seinem älteren Bruder verglichen wurde.

Militäreinsätze wurden nicht im Kontext des Ersten Weltkriegs betrachtet

Der Wandel im Geschichtsbewusstsein könnte noch einen anderen Grund haben: Dass Deutschland nach dem Ende des Kalten Krieges wieder in die Mitte Europa gewachsen ist - und sich seiner Rolle gerade erst richtig bewusst wird?

Münkler: Ja, ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Im Prinzip ist Deutschland seit der Wiedervereinigung und dem Ende der Teilung Europas wieder in der Mitte des Kontinents. Aber am Anfang, die ersten zehn, fünfzehn Jahre, waren wir so mit uns selber beschäftigt, dass die außenpolitische Dimension nur am Rande vorkam. Und auch noch am Anfang des ersten Kabinetts Schröder/Fischer wurde die heikle Frage einer Beteiligung an Militäreinsätzen in den jugoslawischen Zerfallskriegen nicht im Kontext des Ersten Weltkrieges - wo sie im Prinzip hingehört hätte - verhandelt, sondern von Fischer und Scharping in den Kontext Zweiter Weltkrieg und "Nie wieder Auschwitz" eingestellt. Das zeigt, wie die Analogien schräg waren und in welcher Weise der Zweite Weltkrieg unsere historische Erinnerung gleichsam blockiert hat. Bis dahin konnte man erinnern und danach nicht mehr weiter zurück.

Das Erinnern fällt den Deutschen beim Ersten Weltkrieges wohl auch leichter, weil die Schuldfrage hier nicht so eindeutig geklärt ist wie beim Zweiten?

Münkler: Ja, also beim Zweiten Weltkrieg brauchen wir gar nicht diskutieren, da gibt es auch eine Schuldfrage. Beim Ersten Weltkrieg ist die Schuldfrage in gewisser Hinsicht erledigt worden mit der Schuldenfrage. Die Bundesrepublik hat 2010 die letzte Zahlung im Rahmen der Reparationen des Versailler Vertrages geleistet. Das hat darum so lange gedauert, weil die zwischenzeitlich mal ausgesetzt waren. Also es gibt keinen Grund mehr, Schuld zu diskutieren, um Schulden einzutreiben. Überhaupt ist Schuld eher eine moralische oder man möchte fast sagen theologische Kategorie, die für eine nüchterne politische Analyse nicht besonders hilfreich ist. Deswegen ersetze ich den Begriff der Schuld durch den der Verantwortung. Welche Verantwortung hat wer? Und da würde ich durchaus sagen, haben die Deutschen sehr viel Verantwortung.

Einen großen Krieg wollte niemand - einen kleinen schon

Weil sie den Krieg unbedingt wollten?

Münkler: Nicht in dem Sinne, wie das in der Schulddiskussion auch durch Fritz Fischer gesagt worden ist, "Weil sie den Krieg wollten". Man kann sagen, diesen großen Krieg hat keine der beteiligten Mächte gewollt. Aber so kleine Kriege, die schick und führbar sind, entweder weil sie lokalisiert sind oder weil sie nicht so lange dauern, das haben alle mit unterschiedlicher Intensität gewollt. Die besondere Verantwortung der Deutschen liegt darin, dass sie in ihrer zentralen Position in der Mitte sämtliche Konflikte, die es in Europa gab, zusammengeführt haben. Mit dem Ergebnis, dass, nachdem der Krieg ausgebrochen war, es kein Außen mehr gab, das besänftigend, moderierend, als Vermittler, Mediator zur Verfügung stand. Sämtliche europäischen Großmächte waren in den Krieg involviert und dafür haben die Deutschen wesentliche Verantwortung.

Gab es niemanden, der sich dem kommenden Krieg in den Weg gestellt hätte?

Münkler: Es gibt durchaus vor 1914 bis in den Juli hinein einen Widerstand gegen den Krieg. Aber die Dynamik der Ereignisse schaltet diese Kräfte aus. Die deutschen Intellektuellen befinden sich von Anfang an in der Defensive. Das sieht man nicht gleich, weil sie teilweise sehr großmäulig sind. Aber selbst Thomas Manns Äußerung, man verteidige die Tiefe der deutschen Kultur gegen die Oberflächlichkeit der französischen Zivilisation ist ja nichts anderes als eine Reaktion auf die Äußerung des französischen Philosophen Henri Bergson, dieser Krieg sei die Verteidigung der Zivilisation gegen die Barbarei.

Der Kriegsausbruch ist in diesem Sinne auch ein Totalversagen der Eliten?

Münkler: Ich glaube, dass man eher die Frontlinien in Deutschland sehen muss, zwischen einer relativ kleinen Gruppe von politisch denkenden und politisch geschulten Gelehrten und Intellektuellen wie dem Kriegshistoriker Delbrück in Berlin, dem Soziologen Max Weber, vielleicht auch dem Historiker Friedrich Meinecke, die einen klaren Blick für die Konstellationen haben und Distance gegenüber den Annexionisten haben - und den Herren, die ein durch kulturelle und moralische Überheblichkeit geprägtes gutes Gewissen haben und deswegen auf Annexionen setzen. Das gute Gewissen in der Politik ist mit das Verheerendste. Das ist auch etwas, was man aus dem Ersten Weltkrieg lernen kann. Max Webers Bemerkung, Bismarck hat ein politisch unerzogenes Volk hinterlassen, bezieht sich auch darauf, dass die Literaten, wir würden heute sagen, die Moralapostel, das Sagen hatten. Und die sind in ihrem guten Gewissen dann immer hemmungslos und kennen auch keinen Kompromiss.

Keiner hat sich getraut, dem Volk die Wahrheit zu sagen

Auch die breite Bevölkerung wollte den Siegfrieden: Werden die Kriegsanleihen des Reiches nicht mit dem Vermögen der besiegten Ländern zurückgezahlt, ist ihr Erspartes verloren …

Münkler: Klar, völlig richtig. Die politische Führung hätte der Bevölkerung bei einem Verhandlungsfrieden Ende 1914, Anfang 1915, erklären müssen, ihr müsst nicht nur eure Gefallenen abschreiben, eure toten Söhne und Väter, sondern ihr müsst auch das Vermögen, das ihr in diesen Krieg investiert habt, abschreiben. Das heißt, dieser Krieg ist wirklich eine patriotische Herausforderung für euch gewesen. Ihr habt wirklich Gold für Eisen gegeben und jetzt müsst ihr euch mit dem Eisen bescheiden. Das hätte man vielleicht machen können. Aber keiner von denen hat sich getraut. Man könnte also sagen, sie haben die patriotische Opferbereitschaft der deutschen Bevölkerung für nicht so hoch eingeschätzt, wie sie es selber immer behauptet haben, dass sie sei. Ob das deutsche Bürgertum dies akzeptiert hätte, das ist eine offene Frage.

Drohte das Deutsche Reich nach dem Krieg nicht auseinanderzubrechen?

Münkler: Es sind kurz solche Überlegungen aufgetaucht in der Art, der Kaiser tritt als Kaiser zurück, bleibt aber preußischer König, was heißt, der Verbund des Deutschen Reiches hätte sich aufgelöst und es hätte wieder die süddeutschen Staaten gegeben und Preußen im Norden. Aber das so zu beschreiben zeigt, es ist denkunmöglich, nachdem diese vielen hunderttausende Soldaten ja nicht für den König von Preußen oder für den König von Bayern oder den württembergischen König und für den sächsischen König schon ganz und gar nicht gefallen sind, sondern für eine nationale Idee. In diesen Auseinandersetzungen hat eine Nationalisierung des Kontinents stattgefunden, die irreversibel ist, sozusagen mit Blut besiegelt.

Mit dem Auseinanderbrechen des ehemaligen Jugoslawien ist der Balkan wieder zum Schlachtfeld geworden. Bis heute ist die Ruhe trügerisch. Wie gehen wir mit dieser Lage um?

Münkler: Erstens: Die aus dem ehemaligen Jugoslawien hervorgegangenen Teilstaaten oder Nationalstaaten, wenn sie das von sich behaupten, sind im Prinzip wirtschaftlich nicht überlebensfähig. Zweitens: Weil sie das sind, haben sie eine hohe Gewaltoption - frustrierte junge Männer. Drittens: Wir sind so nah beieinander, dass wir nicht sagen können, was soll’s uns stören. Deswegen müssen die Europäer - und das heißt auch die Deutschen - auf dem Balkan präsent sein, mit einem Mix aus Militär und Polizei, um Eskalationen von Gewalt zu begrenzen und ökonomische Anreize bieten, um Gewaltoptionen abzukaufen. Zu verhindern, dass die Leute dort glauben, Gewalt sei eine attraktive Lösung ihrer sozialen Probleme.

Neue Konflikte werden zu uns transportiert

Verkürzt gesagt: Geld gegen Ruhe?

Münkler: Das ist nicht ganz einfach, das kostet uns ordentlich Geld. Es gibt auch einen heiklen Lernprozess, nämlich den, dass man von der EU dann am ehesten Geld bekommt, wenn man anfängt übereinander herzufallen. Sozusagen eine strategische Erpressbarkeit. Aber ich sehe keine Alternative. Man muss sehen, dass man die Dimension der strategischen Erpressbarkeit reduziert, und die Perspektive des Gewaltabkaufs vielleicht zeitlich begrenzt. In der Vorstellung, eigentlich könnte man ja auch europäische Touristenströme dorthin lenken und auf diese Weise so etwas wie Wohlstand in begrenztem Umfang hinbekommen. Zu sagen, das lassen wir laufen, geht nicht, das hat sich schon in den Zerfallskriegen gezeigt, weil sonst die Flüchtlingsströme bei uns reindrängen und irgendwann so dicht in den sozialen Netzen liegen, dass diese zu zerreißen drohen, und der Konflikt so zu uns exportiert wird.

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