Auszeit für Gustav Kuhn im Kloster
Festspiele Erl holenIntendantBerndLoebe
Er hat sich nicht beworben, er wurde gefragt: Der Frankfurter Opernintendant Bernd Loebe wird bei den Tiroler Festspielen Erl Nachfolger des wegen angeblicher sexueller Übergriffe umstrittenen Maestros Gustav Kuhn. Loebe werde die Aufgabe ab 1. September 2019 zusätzlich zu seinem Amt als Intendant der Frankfurter Oper übernehmen, teilte der Präsident der Festspiele, Hans Peter Haselsteiner, gestern in Wien mit.
„Ich traue mir zu, beides zu schaffen“, so Loebe. Unter seiner Leitung wurde das Haus in Frankfurt bereits vier Mal als „Opernhaus des Jahres“ ausgezeichnet. Loebe kündigte an, den Blick nach vorn richten zu wollen. „Einen Imageschaden kann sich kein Festival auf Dauer leisten.“ Er werde hochbegabte jüngere Dirigenten und hoffnungsvolle junge Sänger einladen sowie die Güte der Festspiele im Rahmen ihrer begrenzten technischen Möglichkeiten auszubauen versuchen. Die Berliner Regisseurin Brigitte Fassbaender werde ab 2021 in Erl Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ inszenieren.
Mit der Entscheidung endet die Zeit des suspendierten Intendanten Kuhn. Er soll sich nach Aussage mehrerer Künstler sexuelle Übergriffe erlaubt haben. Der 73-Jährige, der die von ihm gegründeten Festspiele in Tirol seit 1997 leitete, hat die Vorwürfe stets bestritten. Kuhn werde seine Ämter nicht wie bisher nur ruhen lassen, sondern nun zurückgeben, sagte Haselsteiner – und sich eine Weile in ein Kloster in Italien zurückziehen. Wegen der angeblichen Übergriffe – ungewollte Küsse und Begrapschen der Brust – ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.
Schon vor dem breiten Bekanntwerden der Vorwürfe sei die Position des künstlerischen Leiters in Erl im Frühjahr 2018 neu ausgeschrieben worden, so Haselsteiner. 15 Männer und sieben Frauen hätten sich beworben. Loebe sei aber „in der europäischen Opernlandschaft eine Ausnahmeerscheinung“ und schon lange sein Wunschkandidat, so Haselsteiner. Der gebürtige Frankfurter, der einst als Kultur-Journalist gearbeitet hatte, habe sich nicht auf die Ausschreibung beworben, sondern sei von ihm angesprochen worden.
Bis zum Amtsantritt Loebes, der einen Fünf-Jahres-Vertrag erhalten hat, bleibt Andreas Leisner interimistisch im Amt. Kuhn, ein Schüler Karajans, war für seine sehr dominante Art bekannt. In einem TV-Interview hatte er jüngst seinen teils rüden Ton bei Proben eingeräumt. Als Dirigent habe er Orchestermitglieder als „Arschlöcher“ und „Volltrottel“ bezeichnet. „Wenn eine Horn-Gruppe das nicht zusammenbringt nach zehn oder zwölf Mal, dann kann man als Dirigent manchmal ausfallend werden“, bemerkte er in der ORF-Nachrichtensendung „ZiB2“ am Montagabend. (dpa)
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