Von der Comedy zum Terrordrama: Wer ist Berlinale-Siegerin Meltem Kaptan?
Plötzlich ein Kinostar: Hauptrolle in „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ beschert der deutschen Schauspielerin Meltem Kaptan den Silberner Bären bei der Berlinale.
Das Medium ist verwandt, der Kontrast aber könnte kaum größer sein. Bisher Fernsehen: Da ist Meltem Kaptan etwa an der Seite Jürgen von der Lippes aufgetreten und Bülent Ceylans, in Shows wie „Ladies Night“ und „Genial daneben“. Oder sie moderierte „Das große Backen“ mit Britt Hagedorn. Und damit hatte die in Gütersloh geborene Kaptan doch schon einiges erreicht, nach Schauspiel- und Gesangsausbildung in Istanbul und Washington, oder? Und hatte auch schon was zu erzählen über Integration und Gesellschaft, als sie ihre „türkisch-deutsche Traumhochzeit“ mit Rechtsanwalt Daniel Holl zum Buch „Verliebt, verlobt, verbockt“ machte.
Meltem Kaptan neben Leonard DiCaprio und Elizabeth Taylor
Jetzt aber: Kino. Und plötzlich steht die 41-jährige Wahlkölnerin in einer Reihe mit: Paul Newman und Denzel Washington, Juliette Binoche und Elizabeth Taylor, Leonardo DiCaprio und Tom Hanks, Meryl Streep und Armin Müller-Stahl … Denn gleich mit ihrer ersten größeren Rolle hat sie den großen (und inzwischen geschlechterübergreifend nur ein Mal vergebenen) Darsteller-Preis bei der Berlinale gewonnen: Silberner Bär, wow! Und auch wenn Kaptan sonst durch Selbstironie besticht, da fiel auch ihr gegenüber der dpa erst mal nur ein: Sie werde ein paar Tage brauchen, das alles zu verarbeiten, es sei wie eine Dampfwalze … Zunächst wolle sie Rabiye anrufen, die Mutter von Murat Kurnaz, jenen in Bremen aufgewachsenen Deutschtürken, der, noch keine 20, nach den Terroranschlägen von 9/11 ohne Anklage für viereinhalb Jahre in Guantánamo inhaftiert war. Die Mutter nämlich spielt sie in Andreas Dresens auf ihrer Perspektive erzähltem Film „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“. Meltem Kaptan: „Mir war es wichtig, dass sie den Film annimmt und dass sie das als Hommage versteht für ihre Lebensleistung.“ Das ist dann, bei allem Witz und Charme, die sie ihrer Figur verleiht, was anderes als Comedy – oder der einzige Film, in dem sie zuvor mitgespielt hatte, der die türkische Action-Komödie „Ölumlü Dünya“.
Meltem Kaptan: Der Silberne Bär - und was kommt jetzt?
Aber es wäre auch nicht Meltem Kaplan, wenn sie, am größten Tag ihrer Karriere, nicht bald doch wieder ins ironische Witzeln verfallen wäre, den Silbernen Bären in der Hand: „Ich bin ja so ein Deko-Mädchen. Ich dekoriere ja sehr gerne. Und Silber kann man gut dekorieren. Das passt. Also, ich glaube, der findet seinen Platz.“ Ob es der Höhepunkt bleibt oder vielmehr der Kickstart zu einer größeren Karriere? Das Energiebündel Kaptan zeigt sich freilich „offen für alles Mögliche“, es müsse halt sie berühren, es sei eine Bauchsache. Was man halt so sagt. Aber das dann doch auch noch: dass sie bei der Besetzungspolitik im deutschen Film einen Wandel weg vom Klischee sehe, es seien nicht mehr diese ganz klassischen Rollen, in denen ein Türke immer den Gangster spiele. Das Glas sei halb voll, es gehe in die richtige Richtung. „Aber da kann noch ganz viel passieren.“ Und sicher will und wird Meltem Kaptan, neuer Silberstreif am deutschen Filmhorizont, dabei sein.
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