Sigi Zimmerschied in Augsburg: anarchistisch, hinterfotzig, hintersinnig
„Kabarettist, das ist kein Beruf, das ist ein Defekt.“ Sagt Sigi Zimmerschied. Und der muss es wissen. Bei seinem Auftritt in Augsburg glänzte der Kabarettist mit Hintersinnigem.
Von der „Kabarettistwerdung eines Menschen“ kündete Sigi Zimmerschied mit einer Lesung aus seinem Buch „Die Stachelbeersträucher von Saigon“ in der Kresslesmühle. Versammelt sind darin einige seiner besten Satiren, bewusst lesbar gemacht für Menschen, die des niederbayerischen Dialekts, den Zimmerschied sonst auf der Bühne spricht, nicht mächtig sind.
Im ersten Kapitel beschreibt Zimmerschied, wie ein „Schöpfungselektriker“ im Himmel bei der Erschaffung eines bayerischen Kabarettisten im Schaltkasten etliche Relais falsch justiert. Dieser Kabarettist versteht sich bewusst nicht als „Witzeerzähler, Comedian, Humorist oder Alleinunterhalter“.
Mit diesem Selbstverständnis zündete Zimmerschied seine Gedanken und Beobachtungen. Sein erster Schauplatz war Passau, wo „das Geschöpf“ im Jahr 1953 das Licht der Welt erblickte. Warum gerade Passau? Weil dies, so Zimmerschied, „ein Ort war, der so eng, provinziell, so bedrückend und voll oligarcher Macht war, dass Widerstand zwangsläufig entstehen musste“. Köstlich die Beschreibung der Verwandtschaft mit der „vorderen und hinteren Oma“ und einem Friseur, der im „Geschöpf“ die Geschichtensehnsucht weckte.
Anarchistisch, hinterfotzig und dabei hintersinnig kam Sigi Zimmerschied daher. Für ihn, der „den katholischen Kreuzweg“ vom Ministrant bis in den Pfarrgemeinderat gegangen ist, war der Katholizismus „einfach nur da wie eine große, metaphysische Kreissparkasse“.
Sprachgewaltig verpackte Zimmerschied seine Bosheiten, ließ „Zeit und Moral“ auf der Couch über die Politiker als „staatlich autorisierte Nichtvollzieher“ sinnieren oder sperrte den armen Kleinkünstler „Ihobs“ in eine Gerümpelkammer-garderobe, wo dieser dann selbstmitleidig über die Spezies Kritiker nachdachte.
Es war ein kurzweiliger, gelungener Abend! Irritiert hatte manche Besucher, dass aus der Vorankündigung des Veranstalters nicht klar ersichtlich war, dass es sich nicht um ein Bühnenprogramm, sondern um eine Lesung handelte.
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