Michael Jackson: Postumes Album ist nichts als Retorte
Das Beste ist, dass das Schlimmste gleich zu Beginn kommt. "Hold my Hand" eröffnet das erste Album von Michael Jackson nach seinem Tod. Zehn Songs sind es, die das Album "Michael" versammelt.
Das Beste ist, dass das Schlimmste gleich zu Beginn kommt. "Hold my Hand" eröffnet das erste Album mit neuem Material von Michael Jackson nach seinem Tod vor gut 18 Monaten. Der Song klingt, als hätte ein eher mittelmäßig talentierter Epigone einen Sprachcomputer mit Michaels programmierter Stimme zur Verfügung gehabt. Und wahrscheinlich ist das gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Denn das Duett mit Akon ist von Akon geschrieben und hört sich auch nach Akon an: Serienware aus der heutigen R 'n' B-Retorte.
Zehn Songs sind es insgesamt, die das heute erscheinende Album "Michael" (Sony) versammelt. Und wenn man nach diesem ersten schon befürchten muss, dass damit die Leichenfledderei anhebt, die eine unersättliche Industrie wie bei Hendrix oder Presley, wie bei noch jeder Legende auf den Markt wirft - ganz so weit ist es noch nicht, obwohl Jackson im Jahr nach seinem Tod mit rund einer Milliarde Euro mehr Umsatz generiert hat als jeder lebende Musiker.
Das hier ist immerhin keine bloße Resteverwertung, sondern das Ergebnis der noch von Michael begonnenen Arbeit an einem neuen Album. Allerdings ist das auch nicht besser als alles, was in den vergangenen 20 Jahren von Jackson zu hören war. Vom charakteristischen Jacko-Sound zwischen den Platten "Off the Wall" und "Bad" war da schon nichts mehr übrig außer all dem Kieksen, Stöhnen, Juchzen und Schnipsen inmitten immer sentimentalerer Breitbandballaden und immer gleichförmigeren Dancetamtams.
Der Schmalz überwiegt, die Tanzsongs bleiben Schablone
Auf den gut 40 Minuten von "Michael" überwiegen die ruhigen Töne. Zwar kommt beim zweiten Song, "Hollywood tonight", ein bisschen Schwung auf, wenn auch nur durch die heutige Discoschablone mit Hip-Hop-Anklängen und Pop-Lala im Refrain. Doch dann bleibt die Platte schon wieder mit "Keep your head up" und "The way you love me" im Schmalz samt Chören und Hall stecken. Zur Halbzeit der Platte darf dann mal wieder Glas splittern, der Bass setzt treibend ein, Michaels Stimme wird rau - und fast meint man, hier, mit "Monster", wenigstens einen knackigen Hit serviert zu bekommen. Doch dann bürstet der Refrain wieder alles in die Breite, und letztlich rappt noch "50 Cent" dazu. Die Retorte obsiegt ein weiteres Mal und endgültig.
Denn so viel Hoffnung keimt in den bleibenden Songs nur noch einmal, bei "Behind the Mask", wo nur das Einspielen von Saxofon und Zuschauergejubel verhindert, dass ein netter, tanzbarer Popsong daraus wurde. Sonst: ein uninspiriert heulendes Duett mit Lenny Kravitz, noch zwei Schnulzen und "Breaking News", ein Song, der zu hoppelndem Beat und orientalischen Streichern eine Kritik am öffentlichen Umgang der Medien mit seiner Person formuliert: "Jeder will ein Stück von Michael Jackson …"
Wer nun wird dieses Stück haben wollen? Wahrscheinlich wieder Millionen. Aber glücklich werden sie damit nur die Industrie machen, sich selbst dagegen nur wieder traurig. Denn Michael Jackson ist tot. Und offenkundig haben wir von ihm nichts mehr zu erwarten.
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