Spielerisch tief gebohrt: Toy Story 4 im Kino
Wieder einmal stark, wie in der Animation aus dem Hause Pixar Grundfragen des Lebens verhandelt werden: Die Kino-Kritik zu Toy Story 4.
Für die Puppen und Spielfiguren in „Toy Story“ war der Kinderwunsch stets eine besonders existenzielle Angelegenheit. Denn auch wenn Woody und seine Freunde ein reges Eigenleben hinter der verschlossenen Zimmertür führten, blieb der Dreh- und Angelpunkt ihres Daseins die Liebe des Kindes, das mit ihnen spielte. In drei Folgen haben die Pixar-Studios die Welt aus der Spielzeugperspektive und das kriselnde Verhältnis zu den kindlichen Bezugspersonen aufgearbeitet.
Toy Story 4 dreht sich um ein Spielzeug aus Abfall namens "Forky"
Zu Beginn von „Toy Story 4“ hat die neue Besitzerin Bonnie schon wieder das Interesse an der Western-Figur Woody verloren. Immer öfter bleibt er unbespielt im Schrank zurück. Aber dann bringt das Kind ein selbst gebasteltes Wesen mit nach Hause. Ein Plastik-Göffel als Körper, Pfeifenreiniger für die Arme und ein ungleiches Paar aufgeklebte Augen zieren Bonnies neuestes Lieblingsspielzeug. Doch ähnlich wie seinerzeit Boris Karloff in „Frankenstein“ kommt dieser Forky mit seiner plötzlichen Lebenserweckung nicht so recht klar. „Ich bin Abfall“, ruft er und stürzt sich andauernd in suizidaler Mission in den nächstbesten Mülleimer.
Woody erkennt, wie sehr Bonnies Herz an dem Göffel-Männchen hängt, und findet als Beschützer des todessehnsüchtigen Kerlchens eine neue Aufgabe. Aber nicht nur die Aufsichtspflichten fordern den Cowboy heraus. Bei einem Familienausflug trifft er seine alte Flamme Porzellinchen wieder. Die hat ihre Zeit als dekorative Lampenfigur längst hinter sich gelassen und ist nun als „verlorenes Spielzeug“ auf eigene Faust unterwegs.
Pixar schafft auch in Toy Story 4 Tiefgang
Wieder einmal ist es Pixar gelungen, auf der Unterhaltungsoberfläche eines Familientrick-Filmes psychologische und lebensphilosophische Tiefenbohrungen vorzunehmen. Es ist schon genial, wie hier anhand von Spielzeugfiguren Grundfragen von emotionalen Abhängigkeitsverhältnissen, Freiheitssehnsüchten, Loyalität und Liebesbedürftigkeit verhandelt werden. Und das nicht nur als Bonmot für die mitgebrachten Eltern, sondern auf eine kindgerechte Weise. Dazu gehört auch der Gag nach dem Abspann: Bonnie bringt aus der Schule ein weiteres aus einem Plastikmesser gebasteltes Männlein mit. Vollkommen überfordert tritt das neue Spielzeug aus dem Rucksack und stellt die Frage aller Fragen: „Warum lebe ich?“ „Ich weiß es nicht“, flüstert Forky und entlässt das Kinopublikum ins eigene Dasein.
Toy Story 4 (1 Std. 40 Min.), Animation, USA 2019, Wertung 4 von 5 Sternen.
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