Isle Of Dogs: Auf der Müllkippe philosophieren die Hunde
Der fiese Bürgermeister der japanischen Stadt Megasaki verbannt alle Kläffer auf eine verseuchte Insel. Bis ein Junge ihr Schicksal wendet.
Während Hollywoods Pixel-Trickser am nahtlos perfekten Übergang zwischen Real- und Animationsfilm arbeiten, besinnt sich Regisseur Wes Anderson („Grand Budapest Hotel“, „Der fantastische Mister Fox“) in seinem jüngsten Werk auf klassische Trickfilm-Traditionen. Der Charme von „Isle of Dogs“, der mit dem mühsamen Stop-Motion-Verfahren hergestellt wurde, besteht gerade im Bekenntnis zum sichtbaren Handwerk. Dabei kommt Andersons Film als veritabler, düsterer Science-Fiction daher – erzählt aus der Hundeperspektive.
"Isle Of Dogs" zeigt ein Japan der Zukunft
Im Japan der Zukunft regiert der korrupte Bürgermeister und bekennende Hundehasser Kobayashi die Stadt Megasaki. Eine grassierende Hundegrippe nimmt dieser zum Anlass, um alle Hunde einfangen und auf eine verseuchte Müllkippeninsel verfrachten zu lassen. Nach sechs Jahren sind aus den einstmals geliebten Haustieren verwahrloste, ausgehungerte Kreaturen geworden, die sich um jede Mülltüte blutige Kämpfe liefern.
Das Blatt wendet sich, als der zwölfjährige Atari, der Adoptivsohn des Bürgermeisters, mit einem geklauten Flugzeug auf der Insel landet, um sich auf die Suche nach seinem treuen Bodyguard-Hund zu begeben, der von seinem Ziehvater als Erster in die Verbannung geschickt wurde. Während in Megasaki eine amerikanische Austauschstudentin eine Rebellion gegen die korrupten Machenschaften des Stadtoberen anzettelt, beginnt auf der Insel für die Vier- und den Zweibeiner eine epische Reise, die sich mit leiser Ironie an großformatige Werke wie „Hobbits“ anlehnt. Zwischen den Abenteuern philosophieren die Hunde auf dialektische Weise über die eigene Haustier- und Streunerexistenz, das Verhältnis zu ihren früheren Herrchen und das unfreiwillige Outlaw-Dasein. Wunderbar fächert Anderson die Tierschar in ein animalisches Charakter-Ensemble auf.
Im amerikanischen Original haben Größen wie Bill Murray, Bryan Cranston, Scarlett Johansson und Jeff Goldblum die Vierbeiner eingesprochen. Spricht man den Titel „Isle of Dogs“ schnell aus, hört er sich genauso an wie „I Love Dogs“ und die Liebe zum Hund ist in diesem Film deutlich spürbar. Die Animateure haben hier wirklich keine kreativen Mühen gescheut, um die motorischen und seelischen Eigenheiten dieser Spezies herauszuarbeiten. Auch wenn – wie zu Beginn des Filmes erklärt wird – ihr Bellen in die Menschensprache übersetzt wurde, werden die Hunde nicht vermenschlicht, sie dürfen ganz Tier bleiben.
Humor macht "Isle Of Dogs" zu einem poesievollen Film
Neben den gewitzten Dialogen überzeugt „Isle of Dogs“ vor allem durch seinen unaufdringlichen Humor und die liebevolle, detailversessene Ausstattung. Die Müllinsel ist kein dystopisch düsterer Ort, sondern wirkt eher wie eine poesievolle Westernkulisse in einer Prärie aus Unrat. Die Sets von Megasaki wiederum wurden mit einem unübersehbaren Faible für Japanologie entworfen und die Animation schreckt dabei vor keinem gestalterischen Aufwand zurück. Allein die Herstellung von vergifteten Sushi, mit denen der Bösewicht seinen politischen Gegner entsorgt, ist ein tricktechnisches Meisterwerk.
Auch für Nicht-Hundebesitzer ist „Isle of Dogs“ ein äußerst liebenswertes Stück Kino, das Herz und Auge gleichermaßen verwöhnt. Wes Andersons verschrobene Tragikomödie – er zeichnete erstmalig auch für das Drehbuch verantwortlich – durfte dieses Jahr die Internationalen Filmfestspiele von Berlin eröffnen. Den Silbernen Bären für die beste Regieleistung gab es obendrauf.
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